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Stadt der WissenschaftAltnazi im Übermorgen

Die selbst ernannte "Übermorgenstadt" Oldenburg wirbt für die Vorgestern-Akteurin Imke Barnstedt. Die war noch vor wenigen Jahren als Funktionärin in rechtsradikalen Organisationen aktiv.

Die Website der "Übermorgenstadt" Oldenburg. Bild: Screenshot

"Es gibt Momente im Leben, da ist man fassungslos", heißt der erste Satz in der aktuellen Online-Kolumne des Oldenburger Oberbürgermeisters Gerd Schwandner. Schnell reagiert, könnte man meinen, aber die Kolumne ist schon alt und der OB reagiert nicht darauf, dass auf der Website uebermorgenstadt.de Werbung gemacht wird für Imke Barnstedt.

Barnstedt ist einschlägig politisch aktiv - "gewesen", sagt sie selbst, aber noch 2003 gehörte sie offenkundig zum Inner Circle um NPD-Anwalt Horst Mahler. Mit ihm und einer kleinen Schar Anhänger hat sie damals auf der Wartburg demonstriert. Ursprünglich hätte die Gruppe nach Polen fahren wollen, was Mahler gerichtlich untersagt worden war: Denn es war vorab klar, welche Transparente sie in Auschwitz selbst hatten hochhalten wollen: "Den Holocaust gab es nicht" stand auf denen, und, dass die Lüge sich selbst vernichte.

Barnstedt, die in einem Nobelviertel Oldenburgs die Kleinstbühne "Berliner Zimmer" betreibt, hat neben ihrer schauspielerischen Karriere eine ehrenamtliche in diversen rechtsextremen Organisationen hinter sich. Mehr als zehn Jahre davon lassen sich zurückverfolgen. Letzte Station war bis 2007 die einer Kassenwartin in der Bauernhilfe, nein, Pardon, Schatzmeisterin ist hier der treffendere Ausdruck. Zweck der Bauernhilfe war es nämlich von Anfang an und dem anheimelnden Namen sowie der Satzung zum Trotz, Vermögen von Gesinnungsgenossen einzusammeln und an die "richtigen" Stellen weiterzuleiten. Der Verein ist als Unterorganisation des "Collegium Humanum" 2008 vom Innenministerium verboten worden.

Ihre größten Rollen

Imke Barnstedt ist laut International Movie Data Base am 31. Oktober 1942 in Berlin geboren und hat in zahlreichen Film-, TV- und Bühnenproduktionen mitgewirkt. Eine Auswahl aus ihrem Schaffen:

Im 1983 entstandenen Film "Nach Mitternacht" brilliert Imke Barnstedt in einer Nebenrolle, sie ist Gestapo-Beamtin.

Eine Hauptrolle beschert ihr der TV-Film "Die Wolfsbraut" von 1985: Als Filmemacherin Mascha nimmt sie sich vor eine junge Mulattin "zu zivilisieren", so eine zeitgenössische Kritik. Die Filmfigur soll dabei einen Erkenntnisprozess durchmachen.

Publizistisch ist sie mit Würdigungen von Kristina Söderbaum und Magda Goebbels in der Jungen Freiheit und der Deutschen Stimme hervorgetreten.

Als "Verdiente Kulturschaffende" ehrte sie 2001 der rechtsextreme Kampfbund Deutscher Sozialisten.

Hobby ausweislich ihrer "Heim"-Seite: "Geschichte - speziell die deutsche Zeitgeschichte".

Auf der Internetseite der Übermorgenstadt angekündigt war eine Berliner Zimmer-Veranstaltung für Samstag und Sonntag, "satirische Plaudereien über zeitgeäßes Denglisch", so die Kurzbeschreibung. Und die Organisatoren haben das für kompatibel mit dem Label "Stadt der Wissenschaft" gehalten - und es folglich mit kostenloser Werbung belohnt. Dafür gebe es lediglich drei Kriterien, nämlich dass die Veranstaltung öffentlich sei, dass sie mit Wissenschaft zu tun habe - und "einen speziellen Aspekt" aufweise, so Übermorgen-Sprecher Claus Spitzer.

Man kann jetzt darüber rätseln, was der "spezielle Aspekt" und was die "Wissenschaftlichkeit" bei Barnstedts Themenabend Deutsch gewesen sein mag. Fakt ist allerdings, dass die Vorwürfe bekannt waren, Spitzer will den Satireabend nach einer Veröffentlichung im Stadtmagazin "aus dem gedruckten Programm genommen" haben. Man hat sich sogar vorsichtshalber rückversichert. "Uns liegt", so Spitzer, "ein Schriftwechsel zwischen der Betreiberin des ,Berliner Zimmers', Frau Imke Barnstedt, und der Oldenburg Tourismus und Marketing GmbH vor, in dem sich Frau Barnstedt von jeglicher Art der Leugnung des Holocausts distanziert."

Sie selbst wirkt am Telefon müde und unwirsch. "Ich kann", raunzt sie, "doch nicht immer wieder allen dasselbe erzählen", und ob sie denn behaupten solle, "das bin gar nicht ich auf den Fotos von der Wartburg?". Sie habe der Stadt einen Brief geschrieben, das müsse doch genügen. Die Frage, wie es denn seinerzeit zu der Demo gekommen sei, quittiert sie mit einer Gegenfrage: "Kennen Sie Fritjof Meyer?"

Klar, dessen methodisch fehlerhafte Mutmaßungen über die Zahl der Holocaust-Opfer sind geläufig, und sie stammen von 2002. Allenfalls kann der aber ihre Gesinnung noch bekräftigt haben: Schon Mitte der 1990er war sie Vorstandsmitglied des Berliner Bunds Freier Bürger, im Jahr 2000 berief Alfred Mechtersheimer sie in sein so genanntes Friedenskomitee. Und bereits 2001 hatte Barnstedt vom rechtsextremen Kampfbund Deutscher Sozialisten die Auszeichnung als "Verdiente Kulturschaffende" erhalten. Sie hat eine Würdigung auf Magda Goebbels verfasst und eine auf die Nazi-Propaganda-Aktrice Kristina Söderbaum, die in der NPD-Zeitung Deutsche Stimme erschien. Im selben Jahr, im November, trat sie anlässlich der Wehrmachts-Ausstellung als Veranstalterin auf: Sie hatte in Berlin eine "politisch-literarische Antwort" auf deren angebliche "Verleumdungskampagne" organisiert.

Verleumder sieht sie auch diesmal am Werk. "Infam", findet sie es, "mich als Faschistin darzustellen." Das sei sie nicht. Und überhaupt habe sie jetzt Besuch.

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3 Kommentare

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  • O
    oldenburgerin

    Und was halten Sie, Uwe, von der Idee, dass die Stadt Oldenburg Frau Barnstedt einfach aus politischen und Gewissensgründen NICHT auf ihrer Internetpräsenz präsentieren sollte? Wieso wäre das eine Bestrafung? Ich würde das eher für eine (sehr angebrachte) Dinstanzierung von Frau Barnstedt und ihrer Gesinnung halten, die wahrscheinlich sämtliche nicht-rechte Oldenburger Bürger sehr erfreuen würde...

  • U
    Uwe

    Wie stellen Sie sich das eigentlich vor: soll die Stadt Oldenburg eine veranstaltende Künstlerin ohne entsprechendes Gerichtsurteil bestrafen? Wofür? Für eine Tat, die kein demokratisches deutsches Gericht jemals für unrechtlich betrachten konnte? Dazu hat die Stadt Oldenburg definitiv kein Recht.

    Das waren noch Zeiten, damals in den 80er und 90er Jahren, als die Taz noch gut recherchierte und qualifizierte Beiträge veröffentlichte. Heute scheinen auf BILD-Niveau zurechtgestutzte Hetzkampagnen qualitativ gut genug zu sein. Bin beileibe kein Rechter, war es nie und werde es nie sein! Aber was Sie da publizieren ist Journalismus unterster Kategorie!

  • M
    mainstream

    Ach ja, es ging um Denglisch, righty right?