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Linker AntisemitismusStreit um Schimpfworte

Die Leute, die den Lanzmann-Film "Warum Israel" zeigen wollten, sollen von den Blockierern der Vorführung als "Judenschweine" beschimpft worden sein.

Umkämpft: der Eingang zum B-Movie neben der B 5. Bild: Miguel Ferraz

Der Regisseur des Films "Warum Israel", Claude Lanzmann, hat sich zur gewaltsamen Blockade einer Vorführung seines Films im B-Movie zu Wort gemeldet: "Es ist noch nie irgendwo auf der Welt die Vorführung meiner Filme verhindert worden", sagt der Filmemacher, Kulturkritiker und Herausgeber der "Temps modernes". Die Aktion sei Ausdruck einer unguten Nähe zwischen links- und rechtsextremistischer Denkmustern. "Sie nennen es Antizionismus, aber es ist Antisemitismus", so Lanzmann.

Ende Oktober hatte die gewaltsam verhinderte Filmvorführung eine Debatte um linken Antisemitismus ausgelöst. Neben der Jüdischen Gemeinde Pinneberg äußerte sich etwa Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow in der taz zu linkem Antisemitismus. Antisemiten "finden sich speziell im antiimperialistischen Lager", sagt von Lowtzow.

Der Film sollte von der Gruppe "Kritikmaximierung" gezeigt werden, bei den Blockierern handelte es um Antiimperialisten aus dem Umfeld des ehemals besetzten Hauses in der Brigittenstraße 5. "Ich habe gehört, dass jemand ,Judenschweine' gesagt hat", sagt ein Vertreter der Gruppe Kritikmaximierung. Er habe auch mit den anderen Anwesenden darüber gesprochen, um sich sicher zu sein, dass er das richtig verstanden habe. Der derjenige, der dieses Wort gesagt habe, sei "in Rage geraten und musste von zwei anderen Blockierern zurückgehalten werden", sagt der Kritikmaximierer. Die Beschimpfung sei zwar bezeichnend für die Positionen der Antiimperialisten, aber der Angriff gegen den Film sei der Skandal.

"Ich war konkret bei der besagten Situation da, weil ich versuchte, sie zu beruhigen", sagt dagegen ein Blockierer. Er könne versichern, dass keiner "Judenschweine" gerufen habe. Die Kritikmaximierer seien Antideutschen, und deren Praxis sei es, ihre politischen Gegner als Antisemiten darzustellen. Die Blockierer hätten "nichts gegen den Film", aber gegen die Gruppe Kritikmaximierung und ihre antideutschen Thesen.

Seitens des B-Movies konnte die antisemitische Beschimpfung nicht bestätigt werden. "Ich war anwesend, bis wir die Veranstaltung abgesagt haben", sagt Sprecher Martin Schnitzer. Zu den Beschimpfungen sei es wohl erst anschließend gekommen. Er zweifle aber nicht daran, dass die Aussagen der Kritikmaximierer richtig seien.

Ein Augenzeuge der Gruppe Kritikmaximierung sagt, die antiimperialistischen Blockierer hätten sich mit Fahrradschlössern bewaffnet, ein Mann sei mit dem Gürtel auf die Kinobesucher losgegangen. Andere Besucher seien auch bespuckt und geschlagen worden, er selbst sei nicht ernsthaft betroffen gewesen, sagt der Kritikmaximierer.

Der Blockierer hat den Vorfall anders gesehen. "Der ältere Man wurde von mehreren Antideutschen bespuckt und mit einem vollgerotzten Taschentuch beworfen", sagt er. Als der Mann sich wehren wollte, habe einer der Antideutschen ein Pfefferspray gezogen. Daraufhin hätte sich der ältere Man genötigt gesehen, seinen Gürtel zu ziehen.

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12 Kommentare

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  • S
    SanktPauliFan

    In den von den B5-nazis verteilten Flyer wurde der Film asl "pro-zionistisches Propagandamaterial" bezeichnet, somit ist wohl bewiesen dass es nciht nur um Kritikmaximierung geht oder um die bösen Antideutschen

  • L
    Lana

    Der Text der KAH ist dumm oder verlogen. Wie auch in der Erklärung der SoL wird behauptet, es ginge vorrangig nicht um den Film, dessen Aufführung verhindert werden sollte, sondern um die Gruppe Kritikmaximierung:

    „Ziel der Proteste vor dem B-Movie war nicht vorrangig, die Vorführung eines Films zu verhindern. Gegenteilige Behauptungen entbehren der Wahrheit.“

    Jedoch war die Aktion ganz offensichtlich NICHT auf die Gruppe Kritikmaximierung zugeschnitten, sondern deutlich auf den Regisseur Lanzmann.

     

    Es ist eben ein "Antikapitalismus der dummen Kerls", den SoL und KAH vertreten.

  • D
    dksajfghskdjlg

    "Linker Antideutschenismus" finde ich sehr gelungen. Die Leute von der taz scheinen die letzten Jahre irgendwie verschlafen zu haben - jetzt kriegen ein paar Antideutsche was auf die Mütze und schreien "Antisemitismus" - und die taz fällt drauf rein. Ich finde den Text von "Kommunistische Gruppe Hamburg" sehr gut. Den sollte man bei der taz vielleicht mal auf den Klos verteilen.

    http://kommunistischeassoziation.wordpress.com/

  • OS
    Oma Soleder

    wer die aktion der B5-Leute mitbekommen hat (und die sprüche, die sie gerissen haben), musste sich vorkommen wie auf einem mecklenburgischen schützenfest nach 23 uhr. es war gruselig und widerwärtig.

    übrigens: die antideutschen an sich finde ich sektiererisch, den begriff an sich albern. was bitte soll das sein, antideutsch? ich bin deutsch, links und natürlich solidarisch mit dem staat israel. dazu brauche ich kein etikett.

  • S
    Sonicht

    Dieser Artikel ist wirklich eine Topleistung in Entpolitisierung - was natürlich keineswegs heißt, er sei in der Sache neutral. Vielmehr spielt er denen in die Hände, die die Art Barbarei, um die es hier geht, als legitime Kritik anderer politischer Positionen ausgeben wollen (dazu hätte es des von rolfmueller gelieferten Beweises gar nicht bedurft). Aus der Tatsache, dass (nebenbei auch noch als Linke auftretende) Antisemiten prügelnd und "Judenschweine" brüllend die Vorführung eines Dokumentarfilms eines jüdischen Antifaschisten verhindern, sich ausgerechnet den denkbar uninteressantesten Aspekt herauszupicken, dass sich nämlich die einen und die anderen gegenseitig beleidigt fühlen - dazu gehört schon einiges an Verdrängungswillen. Dann aber das eine "Schimpfwort" (!), "Judenschweine", umstandslos mit dem anderen, "Antisemiten", auf eine Stufe zu stellen, weil halt zu einem Streit immer zwei gehören, die halt so jeder ihre Meinung haben, das ist schon aktive (und offenbar zwanghafte) Realitätsverleugnung.

     

    Wer andere "Antisemiten" nennt, macht damit eine politische Aussage, die richtig oder falsch sein kann. Dass der so Bezeichnete diesen Ausdruck

    voraussichtlich als Beleidigung auffassen wird, und zwar völlig zu recht, ist für seinen Wahrheitsgehalt vollkommen irrelevant. Es hat lediglich zur Folge, dass ein Antisemitismusvorwurf gefälligst nicht leichtfertig oder sachfremd geäußert zu werden hat und genauestens begründet werden muss. Die Begründung erübrigt sich allerdings, wenn Leute so eindeutig und über jeden auch nur halbwegs vernünftigen Zweifel erhaben als Antisemiten reden und handeln wie im vorliegenden Fall.

     

    Wer "Judenschweine" brüllt, macht damit keine wahre oder falsche Aussage und kritisiert niemanden, sondern demonstriert einen ungebrochenen und keinem Argument zugänglichen Mordwillen. Ob dieser Mordwille zur realen Gefahr für Leib und Leben anderer wird, zuvörderst von Jüdinnen und Juden, hängt daran, ob der Rest der Welt, angefangen bei der politischen Szene, in der sich das ganze abspielt, solche Leute gewähren lässt oder sie an der praktischen Umsetzung ihres Wahns hindert. Voraussetzung für letzteres ist, dass Antisemiten als das benannt und erkannt werden, was sie sind. Und genau das verhindern Artikel wie der von Lena Kaiser, indem sie aus Ereignissen wie

    diesem eine Klatsch- und Tratschgeschichte um irgendwelche "Schimpfworte" machen.

     

    Insofern die Autorin also bewiesen hat, dass ihr "Ausgewogenheit" alles, Wahrheit dagegen nichts bedeutet, prophezeihe ich ihr eine große Karriere in Medien und Politik. Dieser andere Typ agegen, der sich in dem oben verlinkten Kommentar zu so einseitigen Behauptungen versteigt wie der, dass

    die von den Antisemiten gestreuten Gerüchte gar nicht wahr sind - aus dem wird wohl nichts.

  • HE
    Hanin Elias

    Nach ihrem ersten vor Borniertheit und mangelndem Problembewusstsein strotzenden Artikel überascht es kaum, dass Lena Kaiser ihre dümmliche Argumentationsfigur von "er sagt – ich sagt" wiederholt und damit den Skandal der Filmverhinderung aus antisemitischen Gründen kleinredet und bagatellisiert. Als ob Worte nicht Ausdruck von Denken und Einstellungen seien. Hält man es durch die Erklärung der B5-ler durchzulesen, stösst man auf die Passage, in der Israel als "rassistisches Projekt" charakterisiert wird, das "künstlich" am Leben gehalten werde. Diese Formulierungen sind nicht zufällig geborgt aus dem Arsenal des völkischen Antisemitismus und Antizionismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert, als bspw. der Chefideologe der NSDAP, Alfred Rosenberg, vom "Staatsfeindlichen Zionismus" schrieb, dem die völkische Grundierung zu einem "echten Staatswesen" fehle. Dieses Denkmuster bedienen die links-völkischen Völkerfreunde. Das dies möglich ist, das ist der Skandal. Und er hat einen Namen: Antisemitismus.

  • S
    Sonicht

    Dieser Artikel ist wirklich eine Topleistung in Entpolitisierung - was natürlich keineswegs heißt, er sei in der Sache neutral. Aus der Tatsache, dass (nebenbei auch noch als Linke auftretende) Antisemiten prügelnd und "Judenschweine" brüllend die Vorführung eines Dokumentarfilms enes jüdischen Antifaschisten verhindern, sich ausgerechnet den denkbar uninteressantesten Aspekt herauszupicken, dass sich nämlich die einen und die anderen gegenseitig beleidigt fühlen - dazu gehört schon einiges an Verdrängungswillen. Dann aber das eine "Schimpfwort" (!), "Judenschweine", umstandslos mit dem anderen, "Antisemiten", auf eine Stufe zu stellen, weil halt zu einem Streit immer zwei gehören, die halt so jeder ihre Meinung haben, das ist schon aktive (und offenbar zwanghafte) Realitätsverleugnung.

     

    Wer andere "Antisemiten" nennt, macht damit eine politische Aussage, die richtig oder falsch sein kann. Dass der so Bezeichnete diesen Ausdruck voraussichtlich als Beleidigung auffassen wird, und zwar völlig zu recht, ist für seinen Wahrheitsgehalt vollkommen irrelevant. Es hat lediglich zur Folge, dass ein Antisemitismusvorwurf gefälligst nicht leichtfertig oder sachfremd geäußert zu werden hat und genauestens begründet werden muss. Die Begündung erübrigt sich allerdings, wenn Leute so eindeutig und über jeden auch nur halbwegs vernünftigen Zweifel erhaben als Antisemiten reden und handeln wie im vorliegenden Fall.

     

    Wer "Judenschweine" brüllt, macht damit keine wahre oder falsche Aussage und kritisiert niemanden, sondern demonstriert einen ungebrochenen und keinem Argument zugänglichen Mordwillen. Ob dieser Mordwille zur realen Gefahr für Leib und Leben anderer wird, zuvörderst von Jüdinnen und Juden, hägt daran, ob der Rest der Welt, angefangen bei der politischen Szene, in der sich das ganze abspielt, soche Leute gewähren lässt oder sie an der praktischen Umsetzung ihres Wahns hindert. Voraussetzung für letzteres ist, dass Antisemiten als das benannt und erkannt werden, was sie sind. Und genau das verhindern Artikel wie der von Lena Kaiser, indem sie aus Ereignissen wie diesem eine Klatsch- und Tratschgeschichte um irgendwelche "Schimpfworte" machen.

     

    Insofern die Autorin also bewiesen hat, dass ihr "Ausgewogenheit" alles, Wahrheit dagegen nichts bedeutet, prophezeihe ich ihr eine große Karriere in Medien und Politik. Dieser andere Typ dagegen, der sich in dem oben verlinkten Kommentar zu so einseitigen Behauptungen versteigt wie der, dass die von den Antisemiten gestreuten Gerüchten gar nicht wahr sind - aus dem wird wohl nichts.

  • P
    pjotre

    Bei der Diskussion darüber, ob nun wirklich "Judenschweine" gerufen wurde oder nicht, steht Aussage gegen Aussage. Umso besser für die Schläger der B5, da sie den antisemitischen Skandal der gewaltsamen Blockade eines Films in einen Richtungsstreit innerhalb der Linken umdefinieren wollen.

    Und wenn Kritikmaximierung noch so antideutsch wäre, bleibt es ein antisemitischer Wahnsinn, das Zeigen von "Warum Israel" mit dem Einsatz von Gewalt zu verhindern. Nichts anderes stellt die Aussperrung von Kinobesuchern und das Schlagen von denjenigen dar, die sich ihr Recht auf einen Kinobesuch nicht nehmen lassen wollten.

    Es ist eine diffamierende Lüge im leninistischen Politikstil, oder zumindest eine schäbige Doppelmoral, diesen Film zuerst als "zionistischen Propagandafilm" zu denunzieren und dann zu behaupten man "habe nichts gegen den Film".

     

    Man sollte die Diskussion darüber, ob das Wort tatsächlich fiel oder nicht, beenden. Stattdessen sollte man über den antisemitischen Charakter der Gruppen sprechen, die an dieser Aktion beteiligt waren. Das Zeigen von "Warum Israel" stellt mitnichten eine Provokation dar, wie von den Blockierern aus der B5 behauptet. Auch die Nationalsozialisten haben ihre Gewalttaten stets mit "jüdischen Provokationen" gerechtfertigt. Die Blockierer sprechen nun von "antideutschen" Provokationen...

  • L
    Lana

    Wie weit man mit einem schlichten Weltbild kommt, zeigt bereits der erste Satz „Stellungnahme der B5“:

    „Als bewusste Linke wissen wir, dass das Machtungleichgewicht nicht nur in der Klassengesellschaft, sondern ebenso tief in der rassistischen Aufspaltung der Welt seit der Conquista und der Versklavung besteht - ein System der weißen Dominanz, das auch aus dem Holocaust wieder dominant hervorging.“

    Ungefähr 500 Jahre Geschichte in einem Satz! Die Opfer des Holocausts werden noch als Feigenblatt gebraucht, doch mit der Staatsgründung Israels stehen sie auf der anderen Seite, denn:

    „Als die Verantwortlichen des B-Movies für diesen Tag erschienen, wurden sie selbstverständlich am Checkpoint aufgehalten und an der Überquerung gehindert, so wie es an einem Checkpoint in Palästina üblich ist.“

    Sie schrieben tatsächlich „selbstverständlich“, als wollte die B5 erläutern, dass sie nur tat, was sie tun musste: Sie ist ein Opfer eines Pawlowschen Reflexes. Aber auch Anderen traut sie gedanklich wenig zu:

    „Der Film selbst beschreibt die Situation in Israel um die Jahreswende 1971/1972, lässt dabei allerdings keine AraberInnen zu Wort kommen [...]“.

    Da offenbar befürchtet wurde, das Publikum würde dies selbst nicht bemerken, meinte die B5 sich schützend zwischen Film und Publikum werfen zu müssen. Doch, was ist an einem Film, der sich bewusst und offensichtlich auf das beschränkt, was er leisten kann und will, auszusetzen? Wer jedoch zur Begründung einer dummen und widerlichen Aktion mal eben einen Bogen von der Conquista bis zum Nahen Osten spannt, macht das, was dem Filmemacher in der eigenen Erklärungsnot vorgeworfen wird: Aus einer komplexen Situation wird ein Aspekt exemplarisch herausgegriffen. Während eine thematische Beschränkung die von der B5 ignorierte Vorrausetzung dafür ist, einen Film zu machen, scheint sie umgekehrt zu spüren, dass die geistige Beschränkung auf ein schlichtes Weltbild die Vorrausetzung für das eigene revolutionäre Pathos bildet. Man macht eben keine Politik, sondern „anti-zionistisches“ Theater.

  • S
    sagbar

    Offensichtlich findet hier ein eklatanter Mißbrauch von Kultur und Sprache statt.

    Und weiterhin offensichtlich ist, dass die sich nun bekämpfenden Gruppierungen vollkommen theorie- und praxisfremd sind. Mal was von "Gender" gehört? Allein die Sprache entlarvt die ewige Gestrigkeit (antideutsch ect.).

    Grausam, wenn sich Halbgebildete mit nie verstandenen Begriffen herumschlagen ...

     

    sagt offen

     

    sagbar

  • R
    rolfmueller

    Ich finde es lächerlich, diesen Bericht mit "Linker Antisemitismus" zu überschreiben. Wenn es überhaupt ein "-mus" war, dann linker Anti-Antideutschenismus.

  • C
    Clandestino

    sorry, aber was soll das denn für ein artikel sein? schülerzeitung oder was?