VBB statt BVG: iPhone-Fahrplan für Nahverkehr doch erlaubt
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg reagiert auf die Proteste: Ein IT-Student darf sein iPhone-Programm für den Berliner Nahverkehr nun wieder mit Streckenplan anbieten.
Zukünftig werden sich iPhone-Nutzer noch besser über Abfahrts- und Ankunftszeiten im Nahverkehr informieren können. Der VBB hat erklärt, das iPhone-Fahrplanprogramm des Berliner IT-Studenten Jonas Witt (21) zu fördern. Mit der Software können sich Nutzer in Sekundenschnelle Bahn- und Busverbindungen auf ihrem iPhone ausgeben lassen, den Standort erkennt das Programm automatisch über Satellitennavigation.
Zuvor hatte die BVG dem Hobby-Programmierer wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen verboten, sein kostenloses Programm "Fahr-Info Berlin" für das Apple-Handy weiter mit einem Streckennetzplan sowie Detailplänen für S- und U-Bahnen anzubieten. In Blogbeiträgen und Kommentaren hagelte es darauf herbe Kritik am Nahverkehrsunternehmen. Kunden verwies die BVG auf ihr eigenes Fahrplanangebot für Handys mobil.bvg.de. Doch die Nutzer befriedigte das wenig. "Fleisch gewordene Mittelmäßigkeit" sei dieses Mobilangebot, so der Berliner Blogger Tim Pritlove.
Witt selbst hatte sich nach dem Ärger mit der BVG an den VBB gewandt, weil er von dessen Website die Fahrplandaten bezog. Witt: "Die hatten schon gemerkt, dass die Zugriffszahlen auf ihrem Server hochschnellten." Dabei, so Witt, habe der VBB zuvor schon überlegt, sein eigenes Mobilangebot für mobile Windows-Geräte abzuschalten - wegen mangelnder Nachfrage. Als sich durch Witts Programm, das die Verkehrsdaten bisher lediglich aus dem VBB-Mobilangebot ausliest, die Zugriffszahlen im Juli spontan verhundertfachten, sahen die VBB-Techniker zunächst vom Abschalten ab.
Bei einem Treffen zwischen Witt und VBB vereinbarte man am Montag, dass Witt direkt auf die Fahrplandatenbank zugreifen könne. Und auch den Streckennetzplan, dessen Nutzung ihm die BVG untersagt hatte, darf Witt nun verwenden - allerdings mit VBB-Logo, nicht mit dem der BVG.
Dabei, so der Hamburger Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Urheberrecht Till Kreutzer, sei sehr zweifelhaft, ob die BVG für ihren Streckennetzplan überhaupt urheberrechtlichen Schutz geltend machen könne. Kreutzer ist Redakteur von iRights.info, einer Plattform zum Urheberrecht. Er erklärt, der Bundesgerichtshof habe den Schutz gewisser Werke stark eingeschränkt: "Es handelt sich hier um Gebrauchsgrafiken, also rechtlich um Werke der angewandten Kunst. Diese unterliegen deutlich höheren Anforderungen an die Schöpfungshöhe." Einen solchen Netzplan würde schließlich jedes Nahverkehrsunternehmen in Deutschland ungefähr so gestalten.
Witt, der das Programm unentgeltlich als Hobby weiterentwickelt, will nun in ein bis zwei Wochen eine neue, kostenlose Version seines Programms anbieten - mit verbesserter Anbindung an die Datenbank und dem neuen Netzplan des VBB. Und, so Witt, "mit anderem Icon, in den Farben des VBB". Schließlich gefielen ihm die BVG-Farben Gelb und Schwarz inzwischen längst nicht mehr so. Geld verdient Student Witt auch künftig nicht mit seiner Arbeit, die inzwischen zigtausendmal heruntergeladen wurde.
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