NPD: Stimmenfang im Feindesland
Die NPD-Frauen versammeln sich ausgerechnet im migrantisch geprägten Nordneukölln, ihre Gegner rufen zum Protest. Das Bezirksamt sagt, es müsse den Rechten leider den Raum geben
Die Maxime des "Rings Nationaler Frauen" (RNF) sprechen für sich. "Ungleiches gleich zu behandeln ist ungerecht" und "Müttergehalt statt Elterngeld" -ist auf ihren schwarz-weiß-roten Flugblättern zu lesen. Am Freitag will nun die Unterorganisation der NPD, die sich "als Sprachrohr für nationale Frauen" versteht, mit einer Veranstaltung in der Neuköllner Otto-Suhr-Volkshochschule für mehr weibliche Mitglieder werben. Dagegen formiert sich Widerstand im Bezirk.
Für 17 Uhr haben das Antifaschistische Bündnis Südost, die grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus und weitere Gruppen eine Gegenkundgebung an der Boddinstraße Ecke Hermannstraße angemeldet. Der Protest richtet sich in erster Linie gegen die NPD-Antifeministinnen, die das Ideal von der Frau am Herd, die sich "um die Zukunft des Volkes kümmert", vertreten. Kritisiert wird von den Gegnern aber auch die "skandalöse Raumvergabepolitik der Neuköllner Bezirksamts", heißt in dem Demoaufruf der Antifa. Die Gegendemonstranten befürchten, der NPD werde in Neukölln zunehmend öffentliche Foren geboten. Dass die Rechtsradikalen jetzt auch im Norden Neuköllns ihre Versammlungen abhalten können, dem Bezirksteil mit einem besonders hohen Anteil an Migranten, halten sie für untragbar.
Die NPD ist dabei kein neues Phänomen: 3,9 Prozent der Neuköllner haben 2006 die rechtsextreme Partei gewählt. Seitdem ist die Partei mit zwei Mandaten in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vertreten.
So einfach scheint es nicht zu sein, der NPD und ihren Unterorganisationen die Propagandaplattform zu verwehren. "Laut dem Parteiengesetz müssen allen Parteien gleiche Rechte gewährt werden, die sind auch einklagbar", sagt Joachim Terborg, Leiter des Büros der BVV Neukölln. "Da auch die Grünen einen Raum von uns bekommen, können wir uns der NPD nicht verweigern." Die Raumvergabe wird außerdem dezentral geregelt: Jeder von der NPD angefragte Raum fällt unter ein anderes Ressort im Bezirksamt.
So ist für den RNF-Tagungsort in der Otto-Suhr-Volkshochschule Wolfgang Schimmang, Bezirksstadtrat der Abteilung Bildung, Schule, Kultur und Sport, zuständig. "Wir können die NPD nicht ignorieren, so werden wir das Problem auch nicht los", sagt er. Und fügt hinzu: "Es hat keinen Bestand, ständig Nein zu sagen, und bei der Raumvergabe sind mir als Stadtrat die Hände gebunden."
Anne Benzing von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) in Berlin sagt dagegen: "Die Bezirke haben mehr juristischen Spielraum, als sie manchmal glauben." In Pankow wurde das Prinzip "Alle oder keiner" auf den Kopf gestellt: Hier werden keiner Partei öffentliche Räume zur Verfügung gestellt.
In Treptow-Köpenick sind NPD-Veranstaltungen mit Auflagen belegt, antisemitische oder rassistische Äußerungen sind nicht zugelassen. Bei nichtöffentlichen Veranstaltungen kann darauf bestanden werden, Presse und Gegner zuzulassen. "Außerdem kann geprüft werden, ob in den angefragten Räumen Parteiveranstaltungen überhaupt zugelassen werden müssen oder ob beispielsweise eine Widmung für kulturelle Veranstaltungen vorliegt", sagt Benzing.
Doch Stadtrat Schimmang ist es lieber, die NPD tagt in der Volkshochschule, die im gleichen Gebäude wie sein Bezirksamt angesiedelt ist. "Hier haben wir alles im Blick und können entsprechend reagieren." Benzing würde sich wünschen, dass es eine Berlin-einheitliche Regelung gibt und die Stadträte sich im Vorfeld vom MBR beraten ließen. "Es ist wichtig, Rechtsextremen mit allen zur Verfügung stehenden juristischen und politischen Mitteln öffentliche Räume zu verwehren oder aber deren Nutzung zumindest zu erschweren."
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