piwik no script img

Senat hält die Hand aufOffenes Tor für Sponsoren

Bildungssenator Zöllner profitiert am meisten von privaten Sponsoren. Er erhält rund zwei Drittel aller Gelder, die an den Senat fließen. Transparency International kritisiert Lücken im Bericht.

Der Stromkonzern Vattenfall sponsort mit jährlich rund 240.000 Euro die Pflege und Instandhaltung des Brandenburger Tores Bild: Wolfgang Staudt/CreativeCommons BY 2.0 US

Der Sponsoringkönig Berlins heißt Jürgen Zöllner: Niemand schafft es auch nur annähernd so gut wie der SPD-Bildungssenator, Spenden von Unternehmen und Privatleuten zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu erhalten. Im erstmals erstellten Sponsoringbericht des Senats sind 13 Sponsorings mit insgesamt 1,12 Millionen Euro aufgelistet - und rund zwei Drittel dieser Summe flossen an die Bildungsverwaltung. Auf den Plätzen folgen die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) mit 246.000 Euro und die Wirtschaftsverwaltung von Harald Wolf (Linke) mit 120.000 Euro. Der Senat war vom Abgeordnetenhaus verpflichtet worden, in einem zweijährlichen Bericht alle Sponsoren ab einer Spende von 5.000 Euro aufzulisten.

Zu den größten Gönnern Zöllners gehört Microsoft. Der Konzern spendierte für rund 120.000 Euro seine Software Vista und Office. Die Programme sind bei den zwölf Medienkompetenzzentren der Bezirke installiert, die Jugendeinrichtungen beraten und vernetzen. Die gleiche Software wird auch bei der Weiterbildung von Grundschul- und Kita-Erziehern eingesetzt. Der Grünen-Abgeordnete Thomas Birk kann es nicht fassen: "Microsoft macht das ja nicht ohne Hintergedanken: Die wollen Einfluss nehmen, um bei der Softwarestrategie für die Verwaltung berücksichtigt zu werden", vermutet er. Zudem diene die Spende dem Zweck, dass die Jüngsten bereits an Microsoft gewöhnt werden - und dann später auch zu diesem Programm greifen. Das Unternehmen war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Zöllners Sprecher Kenneth Frisse sagt, Sponsoring gebe es nur dann, wenn "die Vorteile der Sponsorenschaft mögliche Nachteile deutlich überwiegen".

Den Spitzenplatz Zöllners erklärt er wie folgt: "Die Förderung der Bildung von jungen Menschen ist für viele Sponsoren ein interessantes, weil für die Gesellschaft entscheidendes Motiv." Teilweise frage die Verwaltung bei Sponsoren an, teilweise würden die sich von selbst melden.

Die vollständige Liste aus dem Sponsoringbericht

Hier alle im Sponsoringbericht genannten Sponsorings (auch wenn die Liste unvollständig ist, siehe Artikel):

Herr Gegenbauer: 300.000 Euro für ein Sommercamp für Hauptschüler

Vattenfall: 238.000 Euro für die Pflege und Instandhaltung des Brandenburger Tores

IBM: 200.000 Euro für PCs für Berliner Kitas

Microsoft: 120.000 Euro an Software (Vista und Office) für Medienkompetenzzentren der Bezirke und die Weiterbildung von Erziehern

Audi: 120.000 Euro für die Eröffnungsveranstaltung der Gründermesse Degut

Intel: 50.000 Euro für die schulinterne Lehrerfortbildung

Mercator-Stiftung: 30.000 Euro für die Sprachförderung von Migranten

Magix AG: 25.000 Euro an Foto- und Videosoftware für die Weiterbildung von Erziehern

Industrie- und Handelskammer: 13.500 Euro für die Initiative Mittendrin Berlin

Klett-Verlag: 8.000 Euro für ein französischsprachiges Informationspaket (Broschüren, Plakate, CD-ROMs)

Epson, Lenovo und Promethean: 7.500 Euro für interaktive Schultafeln in zwei Räumen der Anna-Freud-Schule

BASF: 5.937 Euro für den Computerraum der Heinrich-Ferdinand-Eckert-Schule

Sanofi Aventis (Pharmakonzern): 5.000 Euro für die Berliner JuniorAkademie zur Förderung besonders begabter und leistungsbereiter Schüler

Eine der größten Einzelspenden kommt mit rund 240.000 Euro vom Stromkonzern Vattenfall und geht an die Senatskanzlei Wowereits. Der Betrag fließt jährlich, bezahlt wird damit die Instandhaltung und Pflege des Brandenburger Tors. Die Anfrage dazu sei vom Senat gekommen, so Vattenfall-Sprecher Hannes Hönemann. Das Unternehmen habe zugesagt, "weil wir uns hier in Berlin engagieren, weil wir hier der Energieversorger sind". Man sponsere auch Vereine. Im Gegenzug wird Vattenfall auf Bodenplatten und Stelltafeln genannt.

Vattenfall ist bei seinem Geschäft mehr als andere Unternehmen auf die Landespolitik angewiesen. Sollte diese Politik mit Geld beeinflusst werden? Quatsch, meint Hönemann. Man wolle damit ein Wahrzeichen erhalten. Das sei "völlig unabhängig davon, wer gerade Berlin regiert". Auch die Senatskanzlei "begrüßt den Beitrag Vattenfalls als wichtigen Beitrag für die Pflege und den Erhalt eines nationalen Symbols", so Senatssprecher Günter Kolodziej. "Ein Problem sehe ich da wirklich nicht."

Weitere Großspender: Audi übernahm für rund 120.000 Euro die Finanzierung der Eröffnungsveranstaltung der Unternehmermesse Degut. IBM stellte für 200.000 Euro Computer in Kindertagesstätten auf. Intel zahlt rund 40.000 bis 60.000 Euro für eine schulinterne Lehrerfortbildung.

Der Bericht ist allerdings unvollständig. Es fehlen etwa die Sponsoren von Wowereits Hoffest im Roten Rathaus. Die Senatskanzlei hatte die Berlin Partner GmbH damit beauftragt, die Sponsoren zu suchen. Da das Geld nicht direkt an die Senatskanzlei fließt, wird auch nicht veröffentlicht, wer wie viel gegeben hat. "Das ist eine typische Umgehung", findet Jochen Bäumel von der Antikorruptionsorganisation Transparency International. "Das ist genau das, was Politikverdrossenheit hervorruft und die Glaubwürdigkeit von Politik untergräbt. Ein skandalöser Vorgang." Ob weitere Verwaltungen die Transparenzpflicht umgehen, ist nicht bekannt.

Korrektur: In Artikel hieß es zuerst, in dem Sponsoring-Bericht sei auch ein Fehler enthalten. In dem Bericht sei der Eigentümer der Unternehmensgruppe Gegenbauer mit einer Spende von 300.000 Euro für ein Sommercamp für Hauptschüler genannt, obwohl tatsächlich nur 100.000 von ihm kamen und der Rest von der Stiftung der Deutschen Kreditbank und von der Beck'schen Stiftung. Richtig ist: Im Jahr 2008, auf den sich der Bericht bezieht, kamen die 300.000 Euro von Gebauer. Der Sponsoringbericht ist daher korrekt. Erst im Jahr 2009 wurde die Summe zwischen den drei Sponsoren aufgeteilt. Mehr Informationen zur Entstehung der fehlerhaften Berichterstattung stehen in diesem Blogbeitrag. HEI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!