Polizeieinsatz beim Karneval der Kulturen: Linke kritisieren Karnevalspolizei
Udo Wolf (Linke) wirft der Polizei vor, "offensichtlich grundlos" gegen Karnevalisten vorgegangen zu sein. Polizeisprecher: "nicht gut gelaufen".
Nach einem Einsatz auf dem Karneval der Kulturen wächst die Kritik an der Polizei. Udo Wolf, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion, sprach von einer "offensichtlich grundlosen und unverhältnismäßigen Aktion". Für Wolf "mehren sich die Zweifel, ob die Berliner Polizei den vor sieben Jahren begonnenen Weg hin zu einer bürgernahen, liberalen Hauptstadtpolizei weitergehen möchte".
Die Polizei hatte am Sonntag zwölf Teilnehmer der Gruppe "Serenata Lubola" aus dem Umzug gefischt (taz berichtete). Die Gruppe war in zwei Teile aufgeteilt. Der vordere Teil war bunt verkleidet. Der zweite Teil folgte mit etwas Abstand und fiel sofort auf: normale Kleidung, Totenkopfmasken und Transparente. Darauf forderten sie etwa einen "Stopp der Diskriminierung von Immigranten". Die Beamten dachten, es handele sich um Zuschauer, die sich in den Zug geschlichen hätten. Zwar beteuerten die zwölf, dass sie zu der Gruppe gehören - "was aber nicht dem Augenschein entsprach", so Polizeisprecher Frank Millert. "Daher mussten die Beamten davon ausgehen, dass die zwölf Personen nicht zur Gruppe gehörten, und waren somit wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zum Einschreiten verpflichtet."
Jorge Sepp ist einer der zwölf. Er sagt: "Der Verantwortliche für die gesamte Gruppe kam an und hat gesagt, dass wir dazugehören. Aber die wollten das nicht hören." Die Beamten hätten darauf verwiesen, dass sie mit Transparenten unterwegs sind und sich mit Masken vermummen. "Dabei gehört das doch zum Karneval", sagt Sepp.
Das bestätigt Wolfgang Wierich, Sprecher der Polizei Düsseldorf. Der Karneval sei dort "keine Demonstration, sondern Teil des Brauchtums. Und man kann sich dort auch verkleiden - das ist ja der Sinn und Zweck." Und viele Teilnehmer am Original-Karneval haben auch klare politische Botschaften. Ein Wagen zeigte etwa mit riesigen Pappmaschee-Figuren, wie NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers mit einem Baseballschläger ein Cello zertrümmert. Das Land NRW hatte Zuschüsse an den Obdachlosen-Verein eines bekannten Cellisten gekürzt. Auf dem Wagen ist Rüttgers mit Glatze dargestellt, auf einem großen Schild steht: "Skinhead gegen Obdachlose". Trotz solcher Inhalte muss der Umzug nicht als Demonstration angemeldet werden, sagt Polizeisprecher Wierich.
Die Hauptstadt-Beamten versuchten dennoch, die zwölf Teilnehmer mit ihren politischen Transparenten von der Straße zu drängen. Vier Teilnehmer und zwei Polizisten wurden verletzt. Im Nachhinein betrachtet sei die ganze Aktion "nicht gut gelaufen", sagt Polizeisprecher Millert. Es sei alles nur ein Missverständnis gewesen - es gehe jedenfalls nicht darum, den Karneval der Kulturen unpolitisch zu halten. Die Vorwürfe von Wolf seien "unangemessen" und nicht nachvollziehbar.
POLIZEISPRECHER MILLERT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland