Zu wenig Platz im Knast: Jugendarrest soll erweitert werden
SPD-Justizsenatorin Gisela von der Aue will die Jugendarrestanstalt ausbauen, wenn die Finanzierung geklärt ist. Das bisherige Gebäude in Lichtenrade ist zu klein. Straftäter müssen zum Teil unverrichteter Dinge nach Hause zurückgeschickt werden.
Wenn Strafe bei Jugendlichen etwas bewirken soll, muss sie auf dem Fuß erfolgen. In dieser Einschätzung sind sie Kriminalexperten einig. Doch die Mühlen der Justiz mahlen langsam. In Berlin vergehen Monate, bis ein krimineller Jugendlicher vor Gericht gestellt wird. Und wenn die Ladung zum Straf- oder Arrestantritt abermals auf sich warten lässt, weil im Kittchen kein Zimmer frei ist, verpufft die Wirkung vollends. Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) plant deshalb, die Jugendarrestanstalt auszubauen.
Der Arrest ist im Vergleich zur Haftstrafe das mildere Mittel. Die Strafe wird vom Jugendrichter dann verhängt, wenn andere Erziehungsmaßnahmen - zum Beispiel Freizeitarbeiten - nichts gefruchtet haben. Im Unterschied zur Jugendstrafe, die in der Jugendstrafanstalt Plötzensee verbüßt wird, gibt es für den Arrest eine gesonderte Einrichtung: die Jugendarrestanstalt Berlin. Sie befindet sich in Lichtenrade nahe der südlichen Stadtgrenze. Von außen ähnelt das Gebäude, in dem früher das Jugendheim "Kieferngrund" untergebracht war, eher einer Villa - wären da nicht die vergitterten Fenster.
Der Jugendarrest ist eine Erziehungsmaßnahme für Jugendliche und Heranwachsende. Der kurzfristige Freiheitsentzug wird von den Richtern auch gern als Schuss vor den Bug bezeichnet. Die Arrestanstalt verfügt über 33 Haftplätze. Aber die reichen nicht aus. "Wir beobachten bei den Jugendgerichten die Tendenz, mehr Arrest zu verhängen als früher", sagt Justizsprecher Daniel Abbou.
In Zahlen ausgedrückt liest sich das so: Die Dauer des Arrestes hat sich in den vergangenen Jahren von durchschnittlich 20 auf 30 Tage erhöht. In der Praxis wirkte sich das bisweilen so aus, dass junge Verurteilte erst nach Wochen zum Arrestantritt geladen wurden oder von Vollzugsbediensteten gar wegen Platzmangel wieder nach Hause geschickt wurden. "Jeder Dritte wurde wieder weggeschickt", erinnert sich der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt, der die Situation 2008 im Rechtsausschuss problematisiert hatte.
Von 250 jugendlichen Straftätern, die im ersten Halbjahr 2007 zu Arrest verurteilt worden waren, mussten zehn länger als 61 Tage und sechs länger als 90 Tage auf ihren Antritt warten. Die schwankenden Zahlen machten die Planung schwierig, sagt Justizsprecher Abbou. An manchen Tagen sei die Arrestanstalt nur zu 70 Prozent belegt, an anderen wieder zu über 100 Prozent. "Dieser Zustand ist verbesserungsbedürftig."
Allerdings befinden sich die Pläne der Justizsenatorin noch im Anfangsstadium. Das große, zum Teil bewaldete Gelände an der Lützowstraße biete Platz für einen Erweiterungs- oder Neubau. "Wir können uns das dort gut vorstellen", so Abbou. Voraussetzung sei aber, dass SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin die Mittel dafür freigebe. Der Grüne Behrendt sagte, er begrüße, dass die Justizsenatorin tätig zu werden gedenke - auch wenn es lange gedauert habe.
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