piwik no script img

Kommentar kostenloses InternetInternet ist die Straße von morgen

Kommentar von Svenja Bergt

Der Berliner Senat will öffentliches Internet von Privaten betreiben lassen. Er sollte es besser nicht aus der Hand geben.

E s ist nicht so, dass die Erfindung des Internets komplett an Politik und Verwaltung vorbeigegangen wäre. Berliner können sich beispielsweise im Rahmen des "E-Government" Dokumente von Standesämtern zuschicken lassen. Oder eine Demo online anmelden.

Ja, andere Länder sind da weiter. So bieten Verwaltungen in Spanien beispielsweise digitale Signaturen an, um eine sichere Kommunikation per E-Mail zu ermöglichen. Klar ist: Die Bedeutung des Internets wird weiter wachsen. Daher ist es unüberlegt, wenn nicht sogar gefährlich, ein öffentliches WLAN an ein Unternehmen zu vergeben.

Denn natürlich möchte so ein Unternehmen Geld verdienen. Die naheliegendste Möglichkeit dafür ist Werbung. Zum Beispiel könnte der erste Aufruf auf eine Werbeseite umgeleitet werden. Das ist doppelt praktisch fürs Unternehmen: Die Nutzerzahlen würden sofort sinken, das über das Netz zu transportierende Volumen würde reduziert.

Dazu kommt die Frage, was passiert, wenn das Unternehmen pleitegeht. Bevor der Senat Rettungspakete gegen ein vom Abschalten bedrohtes WLAN schnüren muss, kann er das Geld gleich selber investieren - und mitbestimmen. Was Bandbreite und Werbung angeht, Hard- und Software und die Frage, ob sich Bürger beteiligen können.

Fähige Leute gibt es nicht nur in Unternehmen. Sondern auch und gerade in alternativen Kontexten - wie hier der Freifunkszene. Jetzt muss der Senat Mut beweisen und neue Wege gehen. Denn das Internet wird eines Tages vergleichbar wichtig werden wie ein Straße. Und das Straßennetz vergibt der Senat ja auch nicht an ein Unternehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!