Kommentar: Grüne müssen sich arrangieren
Der neue Chef der CDU hat sich überraschend souverän gezeigt. Die Grünen werden lernen müssen, mit Frank Henkel umzugehen, wenn sie weiter gemeinsam Oppositionspolitik machen wollen
r ank Henkels klare Wiederwahl als CDU-Landeschef zeigt: Der Mann war und ist kein Notnagel. Aus heutiger Sicht wird er die Union 2011 in die Abgeordnetenhauswahl führen. Sie alle werden mit ihm leben müssen: die Liberalen in der CDU, die im Herbst auf Monika Grütters als Parteichefin hofften - aber auch die Grünen, wenn sie sich eine Regierungsoption erhalten wollen.
Es wird für die Grünen nicht mehr reichen, wie bisher zu sagen, dass sich die CDU mit Henkel vom Modernisierungskurs und von einer Jamaica-Koalition verabschiedet hat. Wenn sie nicht als bloßer Mehrheitsbeschaffer bei Rot-Rot einsteigen wollen, dann müssen sie die CDU nehmen, wie sie ist. Das heißt nicht, Henkel zu lieben, aber sich mit ihm zu arrangieren.
Natürlich war es gefühlsmäßig leichter mit einem Fraktionschef Friedbert Pflüger, der den Grünen in vielen Punkten näher schien als seinem eigenen Klientel. Aber Pflüger, der sich mehr selbst ins Aus manövrierte als dass er weggemobbt wurde, ist eben nicht mehr. Für die Grünen ist das letztlich gut: Ein Bündnis auf einen Mann zu bauen, der so wenig Rückhalt in der CDU hatte, wäre fatal für sie gewesen.
Henkel sind die Grünen in vielen Punkten ebenso fremd wie umgekehrt. Aber Henkel ist nicht nur konservativ, sondern intelligent genug zu sehen, dass seine CDU allein mit der FDP nicht an die Regierung kommt. Er wird mit sich reden lassen, auch bei den Streitthemen innere Sicherheit und Integration. Er wird es tun, weil er es muss.
Für den klassischen Kreuzberger Grünen wird einer wie Henkel dennoch inakzeptabel bleiben. Aber die Partei ist mehr als nur Kreuzberg. Nicht nur das schwarz-grüne Bündnis in Steglitz-Zehlendorf zeigt, dass viele Mitglieder mehr mit den Bürgerlichen eint als mit den Linken. Die Partei hat es in der Hand, sich von Wowereit & Co. zu emanzipieren. Sie sollte mit Henkel zu leben lernen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!