Ramadan hinter Gittern: Für Knackis bleibt die Küche kalt
Ärger im Tegeler Knast: Die Insassenvertretung wirft der Gefängnisleitung vor, während des laufenden Fastenmonats kein warmes Essen für Muslime bereitzustellen.
Muslimische Häftlinge im Tegeler Knast sehen sich in ihrer Glaubensausübung eingeschränkt: In einem offenen Brief fordert die Insassenvertretung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Tegel den Senat auf, "die Glaubensgebote muslimischer Inhaftierter zu beachten" - und während des Fastenmonats Ramadan die Verpflegung muslimischer Häftlinge zu verbessern.
Streitpunkt ist die Verpflegung der Fastenden: Während muslimische Häftlinge zum Beispiel in der JVA Moabit während des Ramadans eigens am Abend warmes Essen ausgeteilt bekommen, verweigere die Anstaltsleitung in Tegel eine solche Lösung. "Viele muslimische Häftlinge haben sich in den vergangenen Tagen an mich gewandt und sich beschwert", sagte der Ausländersprecher der Insassenvertretung, Yassin Alikhan, der taz. Hinweise an die Anstaltsleitung seien jedoch bislang verpufft.
Während des Fastenmonats Ramadan dürfen gläubige Muslime laut Koran nur nach Sonnenuntergang Essen zu sich nehmen (siehe Kasten). In Tegel wird allerdings nur mittags warmes Essen ausgegeben. Das heißt: Bekommen die muslimischen Insassen abends kein warmes Essen, gibt es für sie trotz der körperlichen Anstrengung des Fastens einen Monat lang nur trocken Brot und kaltes Essen.
Laut Alikhan fasten derzeit in Tegel schätzungsweise 400 von insgesamt 1.600 Häftlingen. Zwar habe ein Teil der Insassen die Möglichkeit, das kalte Mittagessen am Abend aufzuwärmen, bei weitem aber nicht alle. Außerdem gebe es Tage, an denen wegen früher Einschlusszeiten kein Muslim warm essen könne.
Das bestätigt Bernhard Schodrowski, Sprecher der Senatsverwaltung für Justiz: Aus organisatorischen Gründen könne an zwei Tagen in der Woche in Tegel das Aufwärmen von Speisen nicht ermöglicht werden. An anderen Tagen hätten die meisten Häftlinge aber die Möglichkeit, sich ihr Mittagessen abends zu erwärmen. Dass Tegeler Häftlinge nicht wie in Moabit abends statt mittags mit warmem Essen versorgt würden, liege an den "örtlichen Gegebenheiten".
Eine Glaubensdiskriminierung kann der Sprecher darin nicht sehen: "Wenn wir auf irgendwas achten, dann auf die Freiheit der Religionsausübung. Was in der Anstalt möglich ist, das tun wir auch." Bei der Erstellung muslimischer Kost würden die speziellen Anforderungen berücksichtigt, selbst beim Transport des Essens würde auf die Trennung von nichtmuslimischem und anderem Essen geachtet. Die Senatsverwaltung will deshalb an der Praxis festhalten und hält die Situation für "eine Einschränkung, die vertretbar ist".
Widerspruch erhält sie von Chalid Durmosch, der muslimische Seelsorgearbeit in der JVA Tegel betreibt: "Selbst wenn die Praxis keine bewusste Diskriminierung ist - für viele Insassen ist es eine gefühlte Diskriminierung." Auch Ender Cetin, Sprecher des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib, sagt: "Wir würden uns wünschen, dass auch muslimisch Gläubige ein anerkannter Teil der Gesellschaft werden und solche Glaubensfragen sensibler behandelt werden."
Für "sehr unsensibel" hält der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Dirk Behrendt, die derzeitige Praxis in Tegel. Ein Gefängnis könne zwar nicht auf alles Rücksicht nehmen, "aber diese grundlegenden Dinge sollten in der multikulturellen Gesellschaft doch eine Selbstverständlichkeit sein."
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