Nahverkehr: FDP fordert Nulltarif-Experiment
Die FDP will einen Freifahrttarif wissenschaftlich untersuchen. Ab Montag fährt die S-Bahn wieder auf allen Linien.
Mit einem überraschenden Vorschlag hat sich die FDP in die Debatte um die Entschädigung der S-Bahn-Fahrgäste eingemischt. Die Liberalen haben am Dienstag gefordert, den bereits geplanten Freifahrmonat von Dezember auf April zu verlegen. Bis dahin solle nicht nur festgelegt werden, dass von Entschädigungsregelungen nicht nur Stammkunden der S-Bahn, sondern tatsächlich alle Berliner profitieren.
Zusätzlich solle aber die "einmalige Chance" genutzt werden, die Auswirkungen eines einmonatigen Nulltarifs in einer Großstadt wie Berlin in der Realität zu beobachten und wissenschaftlich zu untersuchen, heißt es in einem Antrag der FDP-Fraktion an das Abgeordnetenhaus.
Konkret fordert der Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer, dass im April 2010 alle Busse, Trams, U- und S-Bahnen kostenlos fahren - nicht nur in Berlin, sondern im gesamten Tarifgebiet ABC. Währenddessen sollten alle Auswirkungen auf Tourismus, Einzelhandel, Fahrgastzahlen, Umwelt und Autoverkehr untersucht werden. Die dauerhafte Einführung eines Nulltarifs hält Meyer für nicht finanzierbar. "Doch eine Reduzierung der Fahrpreisangebote an einigen ausgewählten Tagen im Jahr könnte interessant sein", sagt Meyer der taz. Dabei könne der Tarif "auch ganz auf null" gesenkt werden.
Unterdessen kommt die S-Bahn langsam wieder in Gang. Ab Montag werden Züge auch wieder bis Spandau, Wartenberg und Strausberg Nord fahren. Damit werde das gesamte Streckennetz wieder bedient, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Außerdem werde Potsdam tagsüber wieder im 10-Minuten-Takt mit der S-Bahn erreichbar sein. Nach Spandau geht es im 20-Minuten-Takt, die in den vergangenen Wochen eingesetzten zusätzlichen Regionalbahnzüge in die Innenstadt fallen teilweise weg.
Von Montag an sind damit 680 S-Bahn-Wagen im Einsatz. Von einem Rückkehr zum regulären Standard kann allerdings bei weitem noch keine Rede sein.
Vor Beginn der S-Bahn-Krise im Juni waren werktags 1.100 Wagen unterwegs, also fast doppelt so viele. Das reguläre Fahrplanangebot will die S-Bahn erst im Dezember wieder erreichen.
Leser*innenkommentare
bim
Gast
Nur zu, F.D.P.
Da der Nahverkehr ohnehin zum größten Teil über Bundeszuschüsse finanziert wird, braucht die neue Regierung aus Union und FDP diese Zuschüsse nur soweit anzuheben, dass der von den Fahrgästen zu entrichtende Kotenanteil zu Null geht.
Ein solches Projekt dürfte langfristig erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr in unseren Städten haben. Durch zeitlich begrenzte Versuchsaktionen sind diese Effekte aber leider kaum einzuschätzen.
guapito
Gast
Ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr ist möglich! Schaut mal ins belgische Hasselt. Zugegeben eine viel kleinere Stadt als Berlin, jedoch sicherlich vergleichbar in den Bereichen Einkommen, Kaufkraft usw.
Warum sollten öffentliche Nahverkehrsangebote nicht für alle gratis zugänglich sein und aus den Steuermitteln der Allgemeinheit finanziert werden, so also im Endeffekt doch nicht kostenlos sein?
Der Strassenbau wird doch auch so finanziert und ein Auto hat bei weitem nicht jeder (nötig)!
Es handelt sich um ein weiteres Beispiel dessen was gut wäre (für die Umwelt und die Lebensqualität der Menschen), jedoch politisch einfach nicht gewollt ist. Man würde damit ja harte Grenzen zwischen Arm und Reich aufweichen und der Pöbel muss an der kurzen Leine gehalten werden! Scheiss Gesellschaftsordnung!
Udo
Gast
Damit werden keine Studenten entschädigt, die ein Semesterticket haben und z.B. täglich nach Potsdam zur Uni müssen!
http://www.asta.uni-potsdam.de/presse/index.php3?textfile=3756
fidibert
Gast
Wie wär's mit freier Fahrt am Wochenende oder wenigstens an Sonn- und Feiertagen?
Knut Ohnehut
Gast
Auch wenn ich mit der FDP sonst nicht soviel anfangen kann, muss ich hier zugestehen, dass sie mal eine interessante, innovative und sinnvolle Idee haben. Das Experiment sollte man machen.
KLP
Gast
Die Idee finde ich äußerst interessant, ich hoffe sie setzt sich durch!