Für Demoverbot am 1. Mai: Die CDU heizt ein
Die Union denkt laut über ein Demonstrationsverbot am 1. Mai in Berlin-Kreuzberg nach. Anlass sind die zunehmenden Brandanschläge auf Autos und ein mysteriöses Plakat.
Die einen zünden Privatautos an, andere rufen dazu auf, Polizeifahrzeuge zu zerstören - und die CDU zündelt mit der Forderung nach einem Demonstrationsverbot kräftig mit. So stellt sich in Berlin zwei Wochen vor dem 1. Mai die Gemengelage dar. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) teilte indes mit: "Ein Demonstrationsverbot kommt nicht in Frage". Für den Innenpolitiker der Linkspartei, Udo Wolf, ist klar: "Ein Demoverbot würde Randale bedeuten."
Seit Jahresbeginn sind in Berlin 40 Brandanschläge auf Autos verübt worden. Im ganzen Vorjahr waren es 68. Als Reaktion auf die "besorgniserregende Anzahl" der Brandanschläge habe Körting die Polizei zu erhöhter Wachsamkeit aufgefordert, sagte seine Sprecherin Nicola Rothermel. Für Körting seien es "unpolitische Einzeltäter mit psychopathischer Neigung".
In Neukölln sind unterdessen Aufrufe mit der Forderung aufgetaucht, Polizeiautos zu zerstören. Aufgemacht ist das Poster mit den Fotos von vier Männern. Darüber steht: "Von Polizeibeamten ermordet". Zu den Abgebildeten gehören der in der Silvesternacht von einem Polizisten erschossene Autoknacker aus Neukölln, Dennis J., und der 2001 in Genua beim G-8-Gipfel von einem Carabiniere getötete Carlo Giuliani. Nicht nur in Sicherheitskreisen wird über die Herkunft der Plakate gerätselt. Vielleicht handele es sich um eine Art "Proll-Antifa" oder "Autonome Hiphop-Antifa", spekuliert der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, angesichts der ungewöhnlichen Machart.
Plakat und nicht abreißende Brandanschläge ließen die CDU am Montag von einer neuen Qualität von Gewalt sprechen. Innensenator und Polizeipräsident würden "das Potenzial der Linken" verharmlosen und sich wegducken. Da "mit Sicherheit" zu erwarten sei, dass aus der Demonstration am 1. Mai heraus Gewalttaten begangen würden, sei ein Demonstrationsverbot zu prüfen, so die Forderung des innenpolitischen Sprechers der CDU, Robbin Juhnke. Am Montag im Innenausschuss will Juhnke Auskünfte über die Polizeitaktik am 1. Mai verlangen.
Der einzige Innensenator, der es je gewagt hat, eine Kreuzberger 1.-Mai-Demo zu verbieten, war der CDU-Politiker Eckart Werthebach im Jahr 2001. Die Reaktion darauf waren heftige Straßenschlachten. Erst die rot-rote Koalition hat in den Folgejahren dafür gesorgt, dass sich Polizei und Kreuzberger Bevölkerung die Hand reichten und der 1. Mai Stück für Stück befriedet worden ist.
Es gebe überhaupt keinen Grund, von der Deeskalationsstrategie abzuweichen, sind sich SPD und Linkspartei einig. Gewalttaten aus den Demos heraus kämen zudem schon lange nicht mehr vor, belehrt Udo Wolf die CDU. Auch die brennenden Autos seien kein Indiz für einen Rückfall in alte 1.-Mai-Zeiten, ist der Grüne Lux überzeugt. Die Militanten würden sich im Vorfeld austoben, weil es am 1. Mai wegen der hohen Kontrolldichte durch die polizeilichen Überwachungskameras "nichts mehr zu holen gibt", vermutet Lux.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies