Kommentar: Die Bilanz kann sich sehen lassen
Bezirke gegen Rechts
Es klingt dürftig. Seit mehreren Jahren führen die Ost-Bezirke so genannte Register und erfassen darin sämtliche rechtsextremen Vorfälle, die ihnen von aufmerksamen Bürgern mitgeteilt werden. Es wird eifrig gesammelt, ausgewertet und die Ergebnisse anschließend der Öffentlichkeit kund getan. Was folgt? Dem ersten Anschein nach nicht viel. So wollen wie jedes Jahr Anfang Dezember auch an diesem Wochenende die Neonazis wieder aufmarschieren. Dieses Mal trifft es den Bezirk Lichtenberg. Und es werden noch einmal einige Dutzend mehr erwartet als im vergangenen Jahr, als bereits erschreckend viele Neonazis durch Rudow zogen. Trotzdem haben Bezirksregierungen und die Initiativen gegen Rechtsextremismus im Südosten der Stadt in den vergangenen Jahren Enormes geleistet.
Bevor die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) ihre professionelle Beratung in den Ostbezirken aufgenommen hat, war es bei rechtsextremen Aufmärschen üblich, dass vor allem Antifas aus Kreuzberg und anderen linken Kiezen in den Innenstadtbezirken an die Stadtränder fuhren, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen. Ohne den Antifas das zum Vorwurf zu machen - nach dem Aufmarsch waren die meisten von ihnen wieder weg.
Die mobilen Beratungsteams kommen zwar auch aus der Innenstadt. Sie haben aber vor allem darauf gesetzt, das Bürgerengagement vor Ort zu unterstützen. Mit Erfolg. Treptow-Köpenick ist zu einem Musterbezirk im Kampf gegen Rechtsextremismus geworden.
So haben die pfiffigen Treptower und Köpenicker für kommenden Samstag an sämtlichen in Frage kommenden Orten eigene Veranstaltungen angemeldet und so jede Aufmarschroute der Neonazis blockiert. Was sie aber vor allem auszeichnet: Mit der Verhinderung im eigenen Bezirk war es für sie nicht getan. Nun unterstützen sie das Bündnis gegen Rechts in Lichtenberg.
Mag sein, dass am Samstag noch einmal mehr Neonazis marschieren werden als im vergangenen Jahr. Doch auch das Bürgerengagement gegen die Nazis ist größer geworden. Ein Erfolg, der nicht zu unterschätzen ist.
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