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Streit bei Rot-RotBeim Kopftuch sieht der Senat rot

Die Linkspartei will das umstrittene Neutralitätsgesetz nach nur drei Jahren wieder abschaffen. De facto sei es ein reines Kopftuchverbot.

Das Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst sorgt für Ärger in der rot-roten Koalition. Während die Linkspartei die bundesweit einzigartige Regelung am liebsten abschaffen würde, beharrt die SPD auf dem sogenannten Neutralitätsgesetz. Rückendeckung bekommen die Sozialisten vom Integrationsbeauftragten.

"Das Gesetz geht an der Realität vorbei", klagt die innenpolitische Sprecherin der Linken, Marion Seelig. Seit 2005 verbietet ein Gesetz Mitarbeitern in Berlins öffentlichem Dienst, während ihrer Arbeit religiöse Symbole zur Schau zu stellen. "Tatsächlich aber kapriziert sich das Neutralitätsgesetz auf das Kopftuch, nicht auf Kippas oder Kreuze", argumentiert Seelig. Die Regelung sei unter dem Eindruck der Anschläge des 11. September 2001 entstanden. Ihre Partei habe damals ein von der SPD gefordertes einseitiges Verbot von Kopftüchern abgewendet.

"Trotzdem wird das Gesetz in der Öffentlichkeit heute als 'Lex Kopftuch' angesehen", urteilt die Innenexpertin. Einen neuen Gesetzentwurf hat Seelig bislang nicht parat, will sich im Abgeordnetenhaus aber dafür einsetzen: "Das müssen wir jetzt erst mal besprechen."

Die SPD ist allerdings strikt dagegen. "Das Neutralitätsgesetz ist im öffentlichen Dienst sinnvoll und notwendig, beispielsweise bei Richtern", sagt die Sprecherin von Innensenator Ehrhart Körting (SPD), Nicola Rothermel. "Auf absehbare Zeit muss es weitergelten."

Damit rückt die Innenverwaltung eine Äußerung ihres Chefs zurecht, die die jüngste Debatte erst in Gang gebracht hatte. Auf einer Diskussionsrunde am vergangenen Donnerstag hatte Körting laut Berliner Zeitung über das Gesetz gesagt: "Ich glaube nicht, dass es auf Dauer dabei bleiben wird."

Den Integrationsbeauftragten des Senats, Günter Piening, zitierte das Blatt mit den Worten: "Das eigentlich legitime Neutralitätsgesetz hat sehr viel Schaden angerichtet." In Unternehmen sage man sich, wenn im öffentlichen Dienst das Kopftuch nicht erlaubt sei, machen wir es auch so, so Piening. Neben den Innensenator stellt sich der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Fritz Felgentreu: "Muslime werden durch das Neutralitätsgesetz nicht anders behandelt als Christen und Juden." Felgentreu räumte zwar ein, dass Konflikte hauptsächlich beim Kopftuch auftreten. Dieses sei aber "auch ein Symbol des islamischen Fundamentalismus, dem das Land Berlin seine Schulen, Polizeidienststellen und Gerichtssäle nicht öffnen darf", so der SPD-Fraktionsvize.

Kurios am vermeintlich roten Tuch ist: In Berlin gibt es seit Inkrafttreten des Gesetzes offiziell keinen Fall, bei dem es wegen der Kopfbedeckung zum Konflikt gekommen ist. Einem Streit am nächsten kam Mitte Januar der Fall einer Kopftuch tragenden Protokollführerin am Amtsgericht Charlottenburg. Ihr bescheinigte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD): Da diese "lediglich unter Anleitung eines Richters ihren Dienst" versehe, sei sie "nicht selbst hoheitlich tätig".

Die Grünen halten die bestehende Regelung für Etikettenschwindel. Zwar sind auch sie für strikte religiöse Neutralität bei staatlichen Repräsentanten. "Aber das Neutralitätsgesetz ist gar nicht so neutral", urteilt der Fraktionsvorsitzende und Innenexperte Volker Ratzmann. Mit Kreuz und Kippa könne man in Berlins öffentlichem Dienst eher auf Verständnis hoffen als mit Kopftuch. "Wenn es schon ein Neutralitätsgesetz gibt, dann muss es für alle gelten."

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