Berliner Adventskalender (3): Die 3. Vizepräsidentin der TU
Gabriele Wendorf ist Ingenieurin, Professorin und die dritte Vizepräsidentin der Technischen Universität Berlin - und ein role model für junge Frauen.
Die dritte sitzt über dem ersten und zweiten und über dem allerobersten sowieso. Eine schmale Holztreppe geht vom Flur des Präsidialamts der Technischen Universität ab und endet direkt vor der Tür von Gabriele Wendorf. Die exklusive Bürolage der dritten Vizepräsidentin ist eine Entschädigung dafür, dass Wendorfs Titel so nach "die am wenigsten zu sagen hat" klingt. Klingt! Dem ist nämlich nicht so.
Die drei Vizepräsidenten sind im Prinzip gleichrangig, und dass es überhaupt drei Stellvertreter für den amtierenden Präsidenten Kurt Kutzler braucht, liegt an der Größe der Universität. Es gibt viel zu tun. Wendorfs Kollegen kümmern sich um Lehre, Studium, Forschung. Sie selbst ist für den wissenschaftlichen Nachwuchs, die Lehrer- und Weiterbildung zuständig. Weil das der Wirtschaftsingenieurin nicht reicht, kümmert sie sich noch um die Gesundheit der TU-Mitarbeiter und die Belange von Frauen. Und lehrt zwei Stunden in der Woche, "weil ich doch daran hänge". Dozentin an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie ist sie auch.
Wendorf arbeitet gern und gern viel, Herausforderungen nimmt sie an. Als sie an der TU anfängt, ist sie eine von zwei Frauen. "Ich habe mich immer auf das Fachliche konzentriert", sagt sie. Als sie ihr Kind bekommt, bleibt sie kurz zu Hause und übernimmt dann die Leitung des Fachgebiets "Industrieökonomik und Wettbewerbstheorie".
Als sich 2008 die Gelegenheit bietet, wechselt die Professorin ins Präsidialamt. "Frauen brauchen Role Models", sagt Wendorf. Eitelkeit ist ihre Sache nicht, doch sie weiß, wo sie steht: "In dem Moment, in dem man im Präsidialamt angekommen ist, ist das Glasdach durchbrochen." Ebenjenes Glasdach, das für den geringen Anteil weiblicher Führungskräfte verantwortlich ist.
Wendorf hat die Diskriminierungsmechanismen erst wahrgenommen, als sie sich mit dem Thema beschäftigte. Seitdem kämpft sie dagegen. Die Ingenieurin bietet ein virtuelles Doktorandinnenkolloquium an und einen Technoclub für Schülerinnen, damit die die Furcht vor technischen Fächern verlieren.
Und die 46-jährige Frau zeigt, dass Kind und Karriere kein Widerspruch sein müssen. Für die jugendliche Tochter sei es stets normal gewesen, dass Mama voll arbeitet. Erst in letzter Zeit habe sie erkannt, dass das nicht selbstverständlich ist. "Jetzt ist sie stolz", sagt Wendorf.
Wenn TU-Präsident Kurt Kutzler in Kürze sein Amt zur Verfügung stellt, hofft sie, dritte Vizepräsidentin zu bleiben. Weil ihr die Aufgaben am Herzen liegen. Und wegen des schönen Büros.
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