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Berliner Adventskalender (2)Der 2. Berliner Appell

"Jedes Kind muss die Chance auf musikalische Bildung erhaltet", foderte der Deutsche Musikrat vor drei Jahren. Unterstützter fand der "2. Berliner Appell" viele. Die Umsetzung fehlt.

Mehr Bildung führt auch zu mehr Adventsmusik Bild: dpa

Ein Fenster öffnen will Christian Höppner. Wie die Kinder im Advent an ihrem Kalender. Aber Höppner will das am liebsten das ganze Jahr über machen. Für jedes Kind. Es soll ein Fensterchen sein, wie seine Mutter es ihm einst öffnete. Damals in den 60ern. Immer Samstag Abend. Da probte ihr Quartett. Der kleine Christian durfte extra länger wach bleiben und zuhören. Er habe Bach schon mit der Muttermilch aufgesogen, sagt er.

Aber wir leben nicht mehr in den 60ern. Und Berlin ist ein hartes Pflaster für jemanden, der allen Kindern ein Fenster zur Musik auftun will.

Christian Höppner sitzt in seinem Büro - ein Faksimilie der Partitur eines Brandenburgischen Konzerts von Bach an der Wand - in der feinen Schumannstraße in Mitte und ärgert sich. Über die Sonntagsreden der Politik. Am Montag dann aber würde das Geld doch wieder woanders hinfließen. Dabei wäre es in der kulturellen Bildung so gut angelegt. Der 51-jährige ist heute Generalsekretär des Deutschen Musikrats, einer Art Oberaufsicht für alle, die musizieren, Musik verbreiten und dafür kämpfen, gehört zu werden. Höppner leitet in dem Rat außerdem die Strategiekommission. Und die ist wichtig für die Geschichte über den Fensteröffner

Denn als Stratege hat Höppner den 2. Berliner Appell miterarbeitet. Wichtige Persönlichkeiten des Zeitgeschehens haben ihn unterzeichnet. Minister, Kulturstaatssekretäre, Bundespräsidenten a.D, der Kinderliedermacher Rolf Zuckowski. Horst Köhler, dem der Appell im Sommer 2006 überreicht wurde, mochte besonders den Eingangsspruch "Wer das Eigene nicht kennt, kann das Andere nicht erkennen". Wichtiger aber ist eigentlich, was der Appell sonst fordert: "Jedes Kind muss, unabhängig von seiner sozialen und ethnischen Herkunft, die Chance auf ein qualifiziertes und breit angelegtes Angebot musikalischer Bildung erhalten, das die Musik anderer Ethnien einschließt." So steht es auf dem Papier.

Die Realität in Berlin aber sieht auch drei Jahre später so aus: Musikunterricht ist eines der am häufigsten ausfallenden Fächer an den Grundschulen. Und rund 6.500 Kinder warten auf einen Platz an den Musikschulen in der Stadt.

Im Ruhrgebiet gibt es inzwischen das Grundschulprojekt "Jedem Kind ein Instrument". Dort gibt es extra viel Musikunterricht. Das "JeKi" ist so erfolgreich, dass auch Niedersachsen plant es einzuführen. In Berlin, so Höppner, "ist es noch nicht tot." Das sagt alles. Und natürlich ist es mal wieder eine Frage des Geldes.

Immerhin: In Sachen Interkulturalität habe sich Einiges getan, sagt Höppner: In den Musikschulen kann man inzwischen die Baglama erlernen. Und bei dem immer noch als Elite-Wettbewerb angesehenen "Jugend musiziert" wurde das türkische Instrument als eigene Kategorie eingeführt.

Aber das liebe Geld, das fließt laut Höppner viel zu oft nur in kurzfristige Event-Projekte. Wie etwa beim Educational Programm von Sir Simon Rattle. Jugendliche machen mit dem Stardirigenten Musik. Tolle Sache, schwärmt Höppner. Er selbst hat zwei türkische Jungs von den Proben bis zum Auftritt begleitet. Die hatten zwar anfangs ihre Schwierigkeiten. Am Ende aber wollten sie unbedingt weiter Musik machen.

Nur: auf einen Platz in der Musikschule hätten sie zwei Jahre warten müssen: "Da ist ein Feuer entfacht und dann verpufft es wieder", empört sich Höppner. Der Generalsekretär hat ihnen schlussendlich noch Plätze verschaffen können. Schließlich war er auch mal Musikschulleiter in Wilmersdorf-Charlottenburg. Jetzt bekommen sie Unterricht in Jazzgitarre und Gesang.

Apropos, Singen: Höppner ist unter anderem auch noch Leiter des Landesmusikrates. Als solcher hat Höppner die NRW-Initiative auf Berlin angepasst: "Jedem Kind s e i n Instrument" soll es für die Hauptstadt heißen. Das eigene Instrument kann hierzulande demzufolge auch die Stimme sein. Singen kostet nichts. Erst recht nicht im Advent.

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