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daumenkino„Montag Morgen

Stottern als Stil

Die Brechung ist es, die die Filme von Otar Iosseliani verbindet. Seine Themen könnten unterschiedlicher kaum sein: Der Bürgerkrieg in seiner Heimat Georgien wie in „Briganten“, das Leben in der Großstadt wie in „Marabus“ oder das Verschwinden ländlicher Kulturen in seinen Dokumentarfilmen. Das Stilmittel aber bleibt dasselbe: Zusammengeführt wird das Werk des seit Jahrzehnten in Frankreich lebenden Regisseurs dadurch, dass seine Filmsprache zu stottern scheint.

Auch in „Montag Morgen“ setzt dieser Effekt schnell ein, wenn in der Exposition das Alltagsleben von Vincent erzählt wird. Der ist Schweißer in einem großen Chemiewerk, in dem das Rauchen streng untersagt ist. Vor den Fabriktoren produzieren die Arbeiter dicke Rauchschwaden, in der Fabrik ziehen weiße Wolken aus den Schloten durchs Bild. Zu Hause streicht Vincent durch sein Haus und findet in jedem Zimmer Familienangehörige, die demonstrativ nicht mit ihm reden. Ist das Tragödie, Komödie, Groteske, Parabel? In wenigen Minuten entwirft Iosseliani die Karikatur einer modernen Welt, die bestimmt ist von sinnentleerten Arbeitsanforderungen und paradoxen Beziehungen. Also bricht Vincent aus, reist nach Venedig, fährt Gondel und trinkt schon vor dem Frühstück Rotwein. Doch am Ende seiner Odyssee wartet wieder nur ein Fabriktor mit einem großen Schild „Rauchen verboten“. Woanders ist es auch nicht besser als zu Hause.

In seinen frühen Filmen, so in seinem ersten großen Erfolg „Die Günstlinge des Mondes“, blickte der Regisseur noch mit mildem, verständnisvollem Blick auf seine Protagonisten, ließ sie leben, lieben, atmen. In „Montag Morgen“ dagegen seziert ein mittlerweile 68-Jähriger mit altersstarrer Missgunst das Dasein seiner Figuren, entlarvt sie mitleidlos als Marionetten des Alltags und präsentiert mit Vincent einen alternativen Entwurf, den vor allem Alkoholkonsum und Teilnahmslosigkeit charakterisieren. Dafür hat er bei der letzten Berlinale den Regiepreis gewonnen. Aber es ist eher das Holzschnittartige der Inszenierung, das für heitere Momente sorgt. THOMAS WINKLER

„Montag Morgen“, Regie: Otar Iosseliani. Mit Jacques Bidou, Arrigo Mozzo, Anne Kravz-Tarnavsky u. a. Frankreich/Italien 2001, 120 Min.

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