DEUTSCHLAND DARF KEINE TRANSPORTPANZER AN ISRAEL LIEFERN: Hier hilft das Alte Testament
Gesetze, Richtlinien und Verordnungen werden erlassen, um Sachverhalte verbindlich zu regeln. Wäre das einfach, dann kämen westliche Staaten mit den zehn Geboten des Alten Testaments aus. Aber es ist nicht einfach – und alle juristischen Normen bergen die Gefahr, dem jeweiligen Einzelfall nicht gerecht zu werden. Komplexe Gesellschaften nehmen das Risiko individueller Ungerechtigkeit in Kauf, um Rechtssicherheit zu bieten.
Die deutschen Exportrichtlinien für Rüstungsgüter sind in mancher – nicht in jeder! – Hinsicht dankenswert eindeutig formuliert: Wenn der Verdacht besteht, dass Waffen zu interner Repression oder zu systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden, dann dürfen sie nicht geliefert werden. Punkt. Im Zusammenhang mit der möglichen Lieferung von Transportpanzern an Israel besteht dieser Verdacht. Israel missachtet kontinuierlich UN-Resolutionen und nimmt in Kauf, dass dem Konflikt mit den Palästinensern auch Zivilisten zum Opfer fallen. Deshalb darf Deutschland keine Panzer schicken, die sich für einen Häuserkampf eignen. Manchmal ist die Auslegung von Rechtsnormen verblüffend einfach.
Auch die Lieferung von Luftabwehrraketen an Israel hinterlässt ein Gefühl des Unbehagens. Der Westen kann den Irak nur dann attackieren, wenn die Sicherheit Israels wenigstens einigermaßen gewährleistet ist. Darin unterscheidet sich dieser Krieg in nichts von anderen, in denen das Element der Verteidigung stets ebenso berücksichtigt werden musste wie das Element des Angriffs. Jede Rakete für Israel bedeutet zugleich die indirekte Unterstützung einer Attacke auf Bagdad, mag das der Bundesregierung nun gefallen oder nicht.
Abwehrraketen aber haben den einen Vorteil, dass sie nicht für einen Angriff nutzbar sind. Deutschland hat eine historische Verantwortung für Israel. Die Vorstellung ist unerträglich, dass eine israelische Familie einem irakischen Gasangriff zum Opfer fällt, der durch deutsche Raketen hätte abgewendet werden können. Doch es ist ebenfalls schwer erträglich, dass eine palästinensische Familie stirbt, weil Deutschland für sicheren Transport jener Soldaten gesorgt hat, die sie tötete.
Alles ist eine Frage der Güterabwägung. Manchmal helfen die zehn Gebote doch weiter: Du sollst nicht töten. Dieses Gebot erlaubt Hilfe bei der Verteidigung, nicht aber bei einem Angriff. Ausgerechnet die mehrheitlich religionsfernen Grünen, die in den letzten Jahren im Zusammenhang mit Fragen von Krieg und Frieden wenig verlässlich waren, beziehen hier die richtige Position. Mögen sie – endlich einmal! – dabei bleiben. BETTINA GAUS
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