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Medienschelte nach Miss-World-Fiasko

Gewalt in Nigeria erzwingt Verlegung des Schönheitswettbewerbs nach London. Organisatoren sehen Verschwörung

LONDON/ABUJA afp/dpa/taz ■ Die gewalttätigen Milizen in Nigeria haben ihr Ziel erreicht. Der umstrittene Miss-World-Wettbewerb im Land ist abgesagt; nun wird er am 7. Dezember in London statt in Nigerias Hauptstadt Abuja stattfinden, wie die Veranstalter am Samstag beschlossen. Nach dreitägigen religiösen Pogromen mit über 215 Toten und 11.000 Vertriebenen wurden die 90 Schönheitsköniginnen aus aller Welt, die sich bereits seit etwa einer Woche in Nigeria aufhielten, unter starken Sicherheitsvorkehrungen in Abuja in ein Charterflugzeug gesetzt. Sie trafen gestern in London ein.

Schuld sind nach Ansicht von Nigerias Regierung nicht die Milizen, sondern die internationalen Medien. Informationsminister Jerry Gana sagte im Rundfunk, es habe eine „internationale Verschwörung gegeben, um zu zeigen, dass ein afrikanisches Land wie Nigeria eine solche Veranstaltung nicht ausrichten kann“. Es sei „unglücklich, dass sich die inländische Presse dieser Verschwörung angeschlossen hat, indem sie einen Anlass für die Gewalt schuf“, sagte der Minister mit Blick auf einen umstrittenen Artikel in der nigerianischen Zeitung This Day. Darin hatte es geheißen, auch der Prophet Mohammed wäre einer Heirat mit einer Schönheitskönigin nicht abgeneigt gewesen. Der Artikel war der unmittelbare Auslöser für die Gewalt in Kaduna gewesen. Die Präsidentin der Miss-World-Organisation, Julia Morley, machte ebenfalls die internationalen Medien verantwortlich. „Sie versuchen mein Geschäft kaputt zu machen“, sagte sie gestern in Abuja. „Sie haben Nigeria in den Dreck gezogen. Sie haben es zugelassen, dass Nigeria gedemütigt wird.“ Morleys Sprecher Guy Murray-Bruce sagte der BBC in London, die internationale Berichterstattung habe „lokale Ausschreitungen völlig überbewertet“. D. J.

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