: Autonom bestrafen
Regierung verabschiedet Hochschulgesetz von Wissenschaftssenator Jörg Dräger. Es gibt 27 Änderungen gegenüber dem Entwurf, aber keine Zugeständnisse an die Studierenden. Uni-Vollversammlung beschließt Aktionswoche im November
von KAIJA KUTTER
Einen Begriff wie „Autonomie“ kann man vielschichtig interpretieren: Zum Beispiel, wenn es um Hochschulautonomie geht, wie sie der Senat versteht. Wissenschaftssenator Jörg Dräger stellte gestern das vom Senat verabschiedete „Hochschulmodernisierungsgesetz“ vor. Es gibt gegenüber dem Entwurf vom April 27 Änderungen. Hart blieb Dräger bei der Zwangsexmatrikulation für Studierende, die sich „hochschulschädigend“ verhalten. Uni-Präsident Jürgen Lüthje hatte gefordert, dies auf „Straftaten“ zu beschränken, um zu verhindern, dass politischer Protest sanktioniert wird. „Ich will es den Hochschulen in ihrer Eigenständigkeit überlassen, mit dem Paragraphen verantwortungsvoll umzugehen“, sagte Dräger.
„Autonomie und Zukunftsfähigkeit für die Hochschulen sichern“, titelte Dräger gestern sein Gesetz. An der Grundidee, Präsidentenwahl und wichtige strategische Entscheidungen rein extern besetzten Hochschulräten zu überlassen, hält er fest. „Flexibler“ dagegen wird die Bestellung der „zweiten Führungsebene“ (Dräger), der Dekane, gehandhabt. Sie dürfen im Ausnahmefall weiter von der professoralen Basis gewält werden.
Der Rückzug des Staates zieht sich wie ein roter Faden durch das Gesetz, dem in Bälde ein weiteres zur rechtlichen Verselbständigung folgen soll. Dass dies eine zweischneidige Sache ist, wird bei der Genehmigung von Studiengängen deutlich, auf die Dräger großzügig verzichtet. Stattdessen werden alle Hochschulen verpflichtet, ihre Studiengänge für Geld von privaten Agenturen „akkreditieren“ zu lassen, die wiederum einem dem Wissenschaftsrat angegliederten Gremium namens „Akkreditierungsrat“ im fernen Bonn unterstehen. Über das Schicksal des vor Ort hart umkämpften integrierten Hamburger Bachelors wird somit im diffusen Zuständigkeitsnirwana entschieden.
Dräger kündigte ferner an, er werde sich an einer Klage gegen die sechste Hochschulnovelle des Bundes beteiligen, die Studiengebühren verbietet und die Existenz einer Studierendenvertretung bundesweit vorschreibt. Die Frage, ob es Asten gebe oder nicht, solle Berlin den Bundesländern überlassen, sagte Dräger. Persönlich habe er bei dieser Frage „kein Herzblut“. Allerdings bleibt es dabei, dass Dräger im Gesetz die Zuständigkeiten der Asten auf den Satz, „sie vertreten die politischen Belange der Studierenden“, beschränkt.
Amtvorgängerin Krista Sager (GAL) hatte den Asten gerade erst mehr Kompetenzen eingeräumt. So dürfen sie sich zu Grundrechtsfragen und Aufgaben von Hochschule und Wissenschaft kritisch äußern. „Mit dem Sager-Gesetz haben wir einen klaren Rahmen, was wir tun dürfen“, sagt Asta-Referent Benjamin Bechtel. So aber hänge man „im luftleeren Raum“ und müsse bei jeder politischen Aktion Klagen fürchten. Da die CDU vor der Wahl versprach, sich für diese Rechte einzusetzten, spricht Bechtel gar von „Wahlbetrug“.
Dass die Studierenden der Uni von politischer Abstinenz noch weit entfernt sind, zeigte die gestrige Uni-Vollversammlung mit 800 Studierenden, die noch für den November eine Aktionswoche beschloss. So nahm der Bauwagenplatz Bambule einen größeren Teil der Versammlung ein, die mit einer Solidaritätsdemo endete (siehe Seite 21). Doch übers Hochschulgesetz können sie auch noch heute Mittag diskutieren. Stellt sich doch der Senator persönlich nacheinander in Phil-Turm, Pädagogischem Institut und Pferdestall den Fragen der Studierenden.
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