: „Kein persönliches Misstrauen“
Hans-Christian Ströbele freut sich, dass auf dem Bremer Parteitag die „Herabsetzung der Vorsitzenden Claudia Roth und Fritz Kuhn“ vermieden wurde
Interview HANNES KOCH
taz: Herr Ströbele, sind Sie zufrieden damit, was die Minderheit beim Parteitag der Grünen angerichtet hat?
Hans-Christian Ströbele: Da ist nichts angerichtet worden. Der Parteitag war großenteils unwillig, schon wieder die Trennung von Amt und Mandat zu diskutieren. Der ursprüngliche Antrag des Bundesvorstandes hat ja nicht einmal die Hälfte der Stimmen bekommen. Aber zufrieden bin ich mit dem Ergebnis durchaus – gerade, weil es uns nicht um die Herabsetzung der Vorsitzenden Claudia Roth und Fritz Kuhn geht. Wir haben sachliche Argumente und hegen kein persönliches Misstrauen.
Roth und Kuhn wollen abtreten – das schwächt die Partei.
Die beiden sind weiterhin die Vorsitzenden der Grünen. Ich kann nicht sehen, dass die Partei führungslos dahintrudelt. Wenn Kuhn und Roth bei der Neuwahl zum Vorstand im Dezember wieder antreten, haben sie sehr große Chancen. Ich bin dafür, ihnen mehr Geld und Personal zu geben.
Der einflussreiche Parteichef Fritz Kuhn käme Ihnen in der Fraktion dann nicht mehr ins Gehege.
Egal, ob Kuhn in der Fraktion sitzt oder nicht – eine riesige Mehrheit steht hinter ihm. Deshalb gibt es keinen Machtkampf zwischen ihm und mir. Aber es ist besser, wenn der Vorstand nicht so stark in die Fraktions- und Koalitionsdisziplin eingebunden ist. Die Partei kann dann viel unabhängiger agieren.
So weit die Theorie. Praktisch sind Sie dabei, die erfolgreichste grüne Parteispitze aller Zeiten abzuwickeln.
Hören Sie mir auf, wir wickeln nichts ab. Alles andere ist nicht richtig. Es geht allein um die Frage, ob wir einen demokratischen Grundsatz unserer Parteiverfassung aufgeben oder ihn erhalten.
Am Ende des Parteitags herrschte Durcheinander. Keiner weiß, wie es weitergeht. Warum haben Sie keine personelle Alternative aufgeboten?
Weil das genau das falsche Signal gewesen wäre. Es ging hier nicht um andere Vorsitzende.
Was raten Sie Kuhn und Roth?
Ich werde über die Zeitung keine Ratschläge erteilen. Ich kann nur sagen, dass ich mit der Arbeit des Bundesvorstands sehr zufrieden bin. Aber die Partei soll versuchen, Politik zu gestalten und sich nicht immer wieder an Satzungsfragen verkämpfen.
Wer könnte den beiden denn als Vorsitzende nachfolgen?
Ich werde Ihnen keine Namen nennen. Allerdings kann ich einen ausschließen: meinen eigenen.
Diejenigen, die die Trennung von Amt und Mandat aufheben wollen, argumentieren, dass der erfolgreiche Bundestagswahlkampf bewiesen habe, wie wichtig eine enge Verzahnung von Parteiarbeit und Parlamentsfraktion sei. Richtig?
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wie wir gesehen haben, war doch die bestehende Struktur der Grünen mit der Trennung von Amt und Mandat die Voraussetzung für den Erfolg. Im Übrigen sind alle dafür, dass es eine enge Zusammenarbeit zwischen Fraktion und Vorstand gibt. Die Vorsitzenden müssen bei den Treffen der Fraktion anwesend sein und auch wie bisher im Koalitionsausschuss sitzen.
Früher wurde bei den Grünen die außerparlamentarische Arbeit als Standbein, das Parlament als Spielbein betrachtet. Und heute?
Das ist ein wichtiger Teil unseres Selbstverständnisses. Die Grünen sind keine Partei wie die anderen. Der enge Kontakt zu den sozialen Bewegungen befruchtet unsere Arbeit. Ich will das fördern.
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