: Pelzfreie Zonen bei Karstadt
Tierrechtler überzeugen den Handelskonzern, echte Pelze aus dem Angebot zu nehmen
HAMBURG taz ■ Nach zehn Monaten Dauerprotest gelang es nun der Tierrechtsgruppe „Offensive gegen die Pelzindustrie“, dass mittlerweile alle Artikel aus echtem Pelz aus den Karstadt-Einkaufshäusern verschwunden sind. Nur in wenigen Filialen gibt es noch vereinzelte Restbestände, doch noch vor demWeihnachtsgeschäft sollen diese der Vergangenheit angehören. Aus der Zentrale der Warenhauskette heißt es dazu: Die KarstadtQuelle AG wolle „ihre gesellschaftspolitische Verantwortung“ wahrnehmen und den „Tierschutzgedanken berücksichtigen“. Mit keinem Wort wird auf die Aktion der Türschützer eingegangen, als habe Karstadt ganz aus freien Stücken gehandelt.
Bei den Tierschützern ist die Freude groß. Denn erstmals hat damit ein großer Handelskonzern zugegeben, dass Pelzhandel und Tierschutz unvereinbar sind. Dabei hatte Karstadt es noch vor einem Jahr kategorisch abgelehnt, sich den „Konsumverzicht“ der Pelzgegner, so eine Verlautbarung des Konzerns damals, „zu Eigen zu machen“. Im Spätherbst folgten dann erste Protestaktionen der „Offensive gegen die Pelzindustrie“.
Die Boykottaufrufe, Demonstrationen und Unterschriftensammlungen des bundesweiten Bündnisses von Tierrechts- und Tierschutzgruppen zeigten plötzlich Wirkung. Der Konzern löste die meisten Rauchware-Abteilungen auf. In den Profitcentern Hertie München und Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin blieben die Pelze jedoch im Sortiment. Mit dieser Teilkonzession gaben sich aber die Tierrechtler nicht zufrieden. Sie forderte einen totalen Verkaufsstopp von Pelzprodukten. Lautstarke Dauerkundgebungen vor den Karstadt-Filialen gehörten in Städten wie Hamburg, Berlin, Essen und München schon bald zum Straßenbild – die Pelzgegner entwickelten sich zum lästigen Begleiter des Konzernalltags. Einen Höhepunkt erreichten die Proteste auf der Jahreshauptversammlung des Kaufhausriesen. Dort machten die Tierrechtler – sie hatten inzwischen Aktien erworben – ausgiebig von ihrem Rederecht Gebrauch, um den Vorstand für seine Mitschuld am „millionenfachen grausamen Tiermord“ anzuprangern.
Nach Schließung der Pelzabteilungen bei dem Bekleidungsunternehmen C&A sowie der Netzfarm Roßberger in Willich bei Düsseldorf ist der Ausstieg bei Karstadt der „dritte Etappensieg“, wie die Tierrechtler es selbst nennen. Sie fordern nun die anderen Kaufhausketten auf, dem Vorbild von Karstadt zu folgen.
Andernfalls sei die „Offensive gegen die Pelzindustrie“ jederzeit bereit, sagen die AktivistInnen, neue Protestaktionen und -Formen zu starten: „Wir werden so lange für die Rechte der Tiere auf Leben und Freiheit kämpfen“, verspricht Kampagnensprecherin Melanie Bujok, „bis der blutige Handel mit Pelzen der Vergangenheit angehört.“ Auf Nachfrage der taz ließen die Tierrechtler durchblicken, dass sie im Winter die nächste Kampagne starten werden. Die Aktivisten haben schon einen anderen Konzern mit Rauchware-Abteilungen im Visier.
VOLKER STAHL
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