: Slogan aus Nazizeit
CSU wirbt mit Wahlkampfparole, die der von Hitlers Wegbereiter Hugenberg ähnelt. Partei wehrt sich gegen den Vorwurf des Plagiats
MÜNCHEN taz ■ In Bayern prangt überall weiß auf blau: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“ Darunter das CSU-Logo. Damit plakatiert die CSU in diesem Bundestagswahlkampf einen Slogan, den 1933 die „Kampffront Schwarz-Weiß-Rot“ prägte. Die zentrale programmatische Wahllosung von Edmund Stoibers Partei stammt – bis auf ein Wort – von Hitlers Wegbereiter Alfred Hugenberg. Der Nationalist warb im Februar 1933 in Zeitungsanzeigen für seine Kampffront mit der Parole: „Sozial ist, wer Arbeit schafft.“ Diese Ähnlichkeit schlüsselte der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt München-Neuhausen, Günther Baumann, in einem taz-Gespräch auf.
Der Pressemogul Hugenberg unterstützte in seiner Funktion als Vorsitzender der rechtsradikalen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) Hitlers Machtübernahme am 30. Januar 1933. Daraufhin wurde er dessen Wirtschaftsminister. Für die letzte Reichstagswahl am 5. März 1933 schloss sich Hugenbergs DNVP mit dem Frontsoldatenbund „Stahlhelm“ zur „Kampffront Schwarz-Weiß-Rot“ zusammen, benannt nach den Nationalfarben des Deutschen Reichs bis 1918.
„Es ist traurig, dass nach siebzig Jahren immer noch dieselben Parolen gelten“, klagt Baumann. „Der CSU-Slogan ist nicht weit weg von dem Spruch über den KZ-Toren ‚Arbeit macht frei‘.“ Auch die SPD habe vor vier Jahren ähnlich inhaltsleer plakatiert: „Arbeit. Arbeit. Arbeit.“
Die CSU bestreitet, dass sie ihren Slogan bei Hugenberg abgekupfert hat. „Das hat nichts miteinander zu tun“, versicherte ein Parteisprecher der taz. Woher kommt dann die Ähnlichkeit? „Von uns nicht“, sagt er. Der Spruch stamme von der CSU-Landtagsfraktion. Diese hatte auf ihrer Januar-Klausurtagung einen Entschließungsantrag zur Beschäftigungspolitik mit „Sozial ist, was Arbeit schafft“ überschrieben. In dem Antrag fordert sie unter anderem: „Überzogenes Versorgungsdenken muss zurückgefahren werden.“
Der Kampffront bescherte ihre Parole 1933 übrigens keinen Erfolg. Sie landete nur bei 8 Prozent. Vielleicht hat die Partei des Unions-Kanzlerkandidaten davon Wind bekommen. Denn inzwischen überklebt die CSU den Slogan in München zum Teil schon mit dem Plakat „Die Stoibers“. Darauf stützt sich ein kleiner Edmund auf seine große Karin. OLIVER HINZ
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