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Roma in Düsseldorf nicht willkommen

CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin gerät wegen Umgang mit Flüchtlingen immer stärker in die Kritik

BERLIN taz ■ „Düsseldorf ist als Solidargemeinschaft angelegt.“ So stellt sich die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt auf ihrer offiziellen Internet-Homepage selbst dar. Doch der Umgang mit etwa 700 Roma, die seit über acht Wochen in Düsseldorf für ein Bleiberecht in Deutschland demonstrieren wollen, führt diese Formel ad absurdum.

In einem offenen Brief haben nun Pro Asyl, der Flüchtlingsrat NRW, die Roma-Union und der Arbeitskreis Asyl Nordrhein-Westfalens den Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) scharf angegriffen: Bei allen Beteiligten verdichte sich der Eindruck, dass die Stadtverwaltung und ihr Oberhaupt Erwin „alles daran setzen, die Roma so schnell wie möglich wieder loszuwerden“, heißt es in dem Schreiben. Roma-Sprecher Dzoni Sichelschmidt warf Erwin gestern vor, er verbreite ein „rassistisches Klima“.

Selbst in den eigenen Reihen wird Erwins Verhalten kritisiert. CDU-Bundestagskandidatin Hildegard Müller und Wolfgang Schulhoff, Bundestagsabgeordneter der Union, haben sich Anfang August neben weiteren Politikern der SPD, der Grünen und der FDP für ein Bleiberecht aus humanitären Gründen ausgesprochen.

Heiko Kauffmann von Pro Asyl hält OB Erwin nach den Erfahrungen der letzten Wochen für einen „hinterhältigen Feigling“, der nicht mit den Betroffenen reden, sie aber aus der Stadt drängen wolle. Erwin sei ein „humanitärer Ignorant“, der dem Ansehen Düsseldorfs als „weltoffene Stadt“ Schaden zufüge.

Auch zwischen Polizeipräsident Michael Dybowski und OB Erwin ist ein Streit über den korrekten Umgang mit den Roma entbrannt. Bei einer Protestaktion in der Innenstadt griff Dybowksi nach Erwins Geschmack nicht hart genug durch, um die Demonstranten an der Blockierung einer Fahrspur zu hindern.

Am Schützenplatz im Düsseldorfer Stadtteil Flingern hatten die Roma am 20. Juni ihre Zelte aufgeschlagen. Nach Protesten von Anwohnern und den „Republikanern“ wollten OB und Stadtverwaltung die Roma zunächst auf den Staufenplatz umsiedeln. Doch am Freitag der vergangenen Woche begannen dort „plötzlich“ Bauarbeiten. Nun soll ein Gelände auf der anderen Rheinseite in Oberkassel Platz bieten, wo sich die Roma für unbestimmte Dauer mit einer Mahnwache einrichten wollen.

Düsseldorf ist die vorerst letzte von über 15 Stationen der demonstrierenden Flüchtlinge. Seit 27. April tourt der Roma-Konvoi durch deutsche Städte, um für einen sofortigen Abschiebestopp und ein Bleiberecht für Roma, die sich seit mindestens fünf Jahren in Deutschland aufhalten, zu werben. Nach einem Beschluss der Bundesinnenministerkonferenz vom 6. Juni dieses Jahres droht den aus Exjugoslawien, hauptsächlich aus dem Kosovo, stammenden Flüchtlingen die Abschiebung. SEBASTIAN SEDLMAYR

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