: Zwangstest gegen Zuwanderung
Der gesundheitspolitische Sprecher der Schill-Partei, Wolfgang Barth-Völkel, will eine Zwangsuntersuchung für alle Zuwanderer und die Internierung der Kranken. Koalitionspartner CDU findet das „abwegig“
Interview: ELKE SPANNER
taz: Sie fordern eine medizinische Zwangsuntersuchung für alle Zuwanderer. Welche Konsequenzen soll die für Migranten mit einer ansteckenden Krankheit haben?
Wolfgang Barth-Völkel: Es müssten Sanatorien errichtet werden, wo diese Menschen erst einmal in Quarantäne kommen. Wer in Deutschland leben möchte, muss sich dieser Untersuchung unterziehen. Bisher ist das nur auf freiwilliger Basis. Das „freiwillig“ sollte man ganz schnell streichen. Kein Zuwanderer, der auf einem Wohnschiff lebt oder in einem Asylantenheim, lässt sich freiwillig untersuchen. Stellen Sie sich mal vor, der ist tatsächlich infiziert. Der wird dann von seinen eigenen Landsleuten geächtet.
Wie lange sollen die Infizierten in der Quarantäne bleiben?
Den Königsweg haben wir auch noch nicht erfunden. Wir nehmen das erst mal in unser Wahlprogramm auf und werden das in vierzehn Tagen vorstellen. Es soll nicht so sein wie es früher war, wo Menschen, die die Pest hatten, auf eine einsame Insel geschickt wurden.
Sondern?
Zwanzig Prozent der Aids-Infizierten sind Zuwanderer. Das sind doch erschreckende Zahlen. Auch wenn Sie sehen, dass alleine in Westeuropa 560.000 Menschen an Aids sterben. Und Hamburg ist Spitzenreiter bei Krankheiten wie Hepatitis A oder B und selbst bei einer Krankheit, die bei uns schon ausgestorben war, der Tuberkulose. Das kann doch nicht sein.
Aids wird hauptsächlich beim Sex übertragen, und da gehören zwei Menschen dazu. Wäre es nicht sinnvoller, auf Aufklärung zu setzen?
Präventionsarbeit ist auf jeden Fall wichtig. Auch in den Ländern, in denen die Krankheit auftritt. In Russland und der Ukraine schätzt man vier Millionen Aids-Infizierte, da muss man Präventionsarbeit machen. Das ist eine Art von Entwicklungshilfe, die betrieben werden muss.
Wenn Sie Prävention für wichtig halten: Warum hat Ihre Fraktion dann der AIDS-Hilfe Hamburg 50.000 Euro an Zuwendungen gestrichen?
Die machen Präventionsarbeit hier im Lande. Man muss das dort machen, wo die Krankheit entsteht.
Aber wenn Sie es als Gefahr für Deutsche bezeichnen, dass sie sich bei Zuwanderern infizieren, wäre es doch sinnvoll, die Bevölkerung hier aufzuklären.
Wissen Sie, ich bin für diese Kürzungen nicht verantwortlich. Ich bin nicht derjenige, der darüber entschieden hat.
Sind Sie dagegen? Plädieren Sie dafür, die Kürzungen zurückzunehmen?
Nicht in dem Maße. Wir sind dafür, dass wir diese Eingangsuntersuchung machen.
Als Beispiel hatten Sie auch Hepatitis-Infektionen genannt. Einer der Hautpübertragungswege dafür ist der Nadel-Tausch unter Heroinsüchtigen. Wenn Sie die Ausbreitung dieser Krankheit verhindern wollen: Warum haben Sie die Verteilung steriler Spritzen im Gefängnis abgeschafft?
Das sind unterschiedliche Sachen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir sprechen nicht die Hepatitis-Kranken in den Gefängnissen an. Wir wollen ganz klar gegen die Zuwanderung zielen. Wir wollen eine kontrollierte Zuwanderung. Und dazu gehört eine Eingangsuntersuchung nun mal.
Es geht Ihnen also nicht um Gesundheitsprophylaxe, sondern darum, Regularien gegen die Zuwanderung zu finden?
Richtig.
Dirk Fischer, der Landeschef Ihres Koalitionspartners CDU, hat Ihren Vorschlag abgelehnt und gespottet, dann müsste man auch einen Sanitärtest für Deutsche Männer einführen, die offenkundig als Sex-Touristen im Ausland waren. Nehmen Sie das in Ihr Wahlprogramm mit auf?
Das ist totaler Schwachsinn. Ich gehe davon aus, dass jeder normale Mensch, der nach Thailand fährt, sich da auch schützt. Weil er weiß, welche Gefahren da auf ihn lauern. Das sind alles mündige Bürger, und die werden garantiert ihrem Hobby mit einem Kondom frönen.
Wenn die Deutschen alle mündige Bürger sind und sich schützen, besteht doch auch keine Gefahr, dass sie sich hier von Zuwanderern infizieren. Hier können sie auch Kondome benutzen.
Da geht aber keiner von aus. Stellen Sie sich doch mal das simple Beispiel vor, ein ukrainisches Au-pair-Mädchen, das infiziert ist, geht hier in eine Diskothek, lernt jemanden kennen und es kommt zum One-Night-Stand. Ich glaube nicht, dass da dann unbedingt mit Kondom gearbeitet wird.
Und warum ist ein Sextourist im Ausland ein mündiger Bürger und nicht auch jemand, der hier in einer Diskothek jemanden kennenlernt?
Da kann ich Ihnen keine Antwort drauf geben.
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