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Kreml-Marionette wird neuer Präsident

Der moskauhörige Geheimdienstgeneral Murat Sjiasikow gewinnt die Präsidentenwahlen in Inguschetien. Damit drückt der Kreml seinen Wunschkandidaten durch. Ein neuer Konflikt in der Region könnte jetzt programmiert sein

MOSKAU taz ■ Murat Sjiasikow kannte bis vor kurzem in der Republik Inguschetien niemand. Dennoch brachte es der 44-jährige Geheimdienstgeneral am Wochenende auf 54 Prozent der Stimmen bei den Präsidentenwahlen. Gegenspieler und Duma-Abgeordneter Alichan Amirchanow erhielt 44 Prozent. Ein beachtlicher Erfolg, bedenkt man, dass der General beim ersten Wahlgang nicht einmal ein Fünftel der Stimmen erhielt.

Die kleinste Republik der Russischen Föderation hat nur traurige Rekorde vorzuweisen. Sie gehört zu den ärmsten Regionen mit einer Arbeitslosenquote von 50 Prozent. Trotzdem versorgt die Republik 180.000 Tschetschenen, die vor zweieinhalb Jahren vor dem Krieg geflohen sind. Zu dieser negativen Bilanz dürften nun die Wahlen hinzukommen.

Als aussichtsreichster Kandidat galt Chamsat Guzerijew, ein Vertrauter des charismatischen Präsidenten Ruslan Auschew, dessen zweite Amtszeit in diesem Jahr ausgelaufen wäre. Auf Druck Moskaus hatte der Afghanistankämpfer und Armeegeneral Auschew sein Amt im Dezember niedergelegt. Guzerijew stammt aus einem einflussreichen Clan. Er hätte die selbstständige Politik seines Vorgängers fortgesetzt. Der war dem Kreml wegen seiner Kritik an der Tschetschenienpolitik ein Dorn im Auge. Als Senator kritisierte Auschew auch die Entmachtung der Provinzen. Guzerijew hätte es nicht nötig gehabt, den Kreml jedes Mal um Rat zu fragen. Er ist ein mittelschwerer Oligarch und ein glänzender Organisator mit besten Beziehungen. Guzerijew wurde wegen eines vermeintlichen Formfehlers vom Obersten Gericht Russlands von der Kandidatenliste gestrichen. 2.000 nach Inguschetien verlegte russische Soldaten sollten den Wählern klarmachen, was der Republik drohe, wenn sie nicht den Wünschen Moskaus entspräche.

Bisher war es der umsichtigen Politik Auschews zu verdanken, dass sich der Konflikt nicht auf Inguschetien ausweitete. Es geht dem Kreml im Kaukasus um mehr, als nur seine Leute in Schlüsselpositionen zu setzen. Militärs und Geheimdienst, fürchten Beobachter, scheinen Inguschetien als neuen potenziellen Konfliktherd vorzubereiten. Die Politik des Kreml beruht auf Mobilisierung eines inneren Feindbildes. Dafür bieten sich die Inguschen an. Sie gehören zu derselben Ethnie wie die Tschetschenen und liegen mit den christlichen Osseten im Streit. Vor seiner „Dienstreise“ nach Inguschetien diente der neue Präsident Sjiasikow General Kasanzew, Putins Sonderbeauftragtem in Südrussland, als Vize. Eine Marionette des Kreml wird es schwer haben, sich friedlich Autorität zu verschaffen. Vieles deutet auf einen explosiven Fortgang. KLAUS-HELGE DONATH

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