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Krankenkassen sind noch siecher als erwartet

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) präsentiert erschreckendes Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung und erinnert an Sparpaket

BERLIN taz ■ Das Loch in der gesetzlichen Krankenversicherung ist größer, als selbst von Skeptikern befürchtet: Ein Defizit von fast drei Milliarden Euro ist den Krankenkassen im Jahr 2001 entstanden. Diese Bilanz legte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern der Presse in Berlin vor, ohne noch einmal darauf einzugehen, dass sie Anfang des Jahres von einem Zwei-Milliarden-Euro-Minus ausgegangen war.

Zu zwei Dritteln bestehe der Fehlbetrag aus den stark gestiegenen Ausgaben für Arzneimittel, sagte Schmidt. Für 2002 gehe sie wieder von einem ausgeglichenen Finanzergebnis der Kassen aus. Der durchschnittliche Beitragssatz, Anfang dieses Jahres erstmals auf über 14 Prozent gestiegen, werde sich 2002 wieder „auf etwas unter 14 Prozent einpendeln“.

Schmidt verwies zur Bremsung der Arzneimittelkosten auf ihr kürzlich in Kraft getretenes Sparpakt, wonach Ärzte regelmäßig nicht mehr Medikamente, sondern Wirkstoffe verschreiben sollen. Die Apotheker sind gehalten, ein günstiges Mittel mit diesem Wirkstoff herauszugeben. Die Kontrolle, ob diese „Aut-idem-Regelung“ (aut idem: „oder das Gleiche“) von Ärzten und Apothekern auch eingehalten wird, so die Ministerin, obliege nicht ihr, sondern den Krankenkassen. Laut Schmidt haben sich die Ärzte verpflichtet, die Arzneiausgaben in diesem Jahr um 4,6 Prozent zu senken.

Experten bezweifeln freilich, dass die Maßnahmen zur Kostenreduzierung schnell genug greifen – einmal abgesehen davon, dass auf die Kassen in diesem Jahr ganz neue Kosten zukommen, wenn sie ab Sommer die so genannten Disease-Management-Programme einführen müssen. Damit sollen Volkskrankheiten wie Diabetes bekämpft werden. Der Aufwand an Kooperation von Ärzten verschiedener Fachrichtungen und Kassen dafür ist beträchtlich.

„Die Beitragsbemessungsgrenze wird nicht erhöht“, erklärte Schmidt gestern wiederholt und sehr deutlich. Allerdings antwortete sie damit auf eine Frage, die anders gemeint war: Denn in der Tat lässt Schmidt zurzeit ausrechnen, ob es sich lohnt, die Versicherungspflichtgrenze von der Beitragsbemessungsgrenze abzukoppeln und sie zu erhöhen.

Zur Erklärung: Die Beitragsbemessungsgrenze legt eine Obergrenze für die Krankenkassenbeiträge fest. Was über der Verdienstgrenze von derzeit 3.375 Euro pro Monat liegt, wird nicht mehr zur Berechnung von Kassenbeiträgen herangezogen. Die Versicherungspflichtgrenze dagegen ist die Grenze, ab der ein gut Verdienender sich freiwillig oder privat versichern kann. Der Plan Schmidts lautet, dass nicht der einzelne gut verdienende Versicherte mehr zahlen soll, sondern dass mehr Gutverdiener in der gesetzlichen Kasse festgehalten werden. UWI

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