: Gegen den globalen Krieg
Weltsozialforum mit 60.000 Teilnehmern prangert die Anti-Terror-Kampagne der USA an und fordert Reparationsleistungen für jahrhundertelange Ausbeutung der Länder des Südens. UN-Generalsekretär lobt die Vielfalt der Globalisierungskritiker
PORTO ALEGRE/BERLIN taz ■ Mit einem Katalog von Forderungen an die Regierungen der Industrieländer ging gestern in Porto Alegre das Weltsozialforum zu Ende. Den Entwicklungsländern stünde ein „bedingungsloser Schuldenerlass“ zu sowie Reparationszahlungen für die sozialen und ökologischen Folgen der jahrhundertelangen Ausbeutung, heißt es in der Schlusserklärung der 60.000 Teilnehmer aus 150 Ländern. Zudem müssten Steueroasen abgeschafft und die Tobin-Steuer auf Kapitalexporte eingeführt werden.
Die „neoliberale Verheißung von Wachstum und Wohlstand“ bezeichneten die in die südbrasilianische Hafenstadt gereisten Globalisierungkritiker als „Lüge“: Vielmehr würden weltweit Sozialausgaben gekürzt und Arbeitnehmerrechte ausgehöhlt. Auch die Argentinienkrise sei eine Folge des gescheiterten neoliberalen Entwicklungsmodells. Darüber hinaus kritisieren die Forumsteilnehmer, die USA und ihre Verbündeten weiteten die Anti-Terror-Kampagne zu einem „permanenten globalen Krieg“ aus und nutzen ihn zum Abbau von Bürgerrechten.
Angereist waren auch 150 deutsche Delegierte aus Gewerkschaften, Parteien und entwicklungspolitischen Verbänden. Einige Teilnehmer monierten das Fehlen der Grünen. Sven Giegold, der Sprecher des Bündnisses Attac, sagte der taz, nun müsse in Deutschland eine „breite soziale Allianz von Gewerkschaften, Kirchen und NGOs“ geschmiedet werden. Die GlobalisierungskritikerInnen hätten einen „wichtigen Bildungsauftrag“: die vielfältigen Auswirkungen der neoliberalen Politik aufzuzeigen. Das Weltsozialforum soll im nächsten Jahr wieder in Porto Alegre und 2004 in Indien stattfinden.
Am Montag wurde ein Schreiben von UN-Generalsekretär Kofi Annan an die Teilnehmer verlesen. Annan lobte darin die „enorme Bandbreite“ von Themen, die in Porto Alegre von einer „beeindruckenden Vielfalt von Gruppen aus der Zivilgesellschaft“ diskutiert worden seien. Zuvor hatte Annan auf dem Weltwirschaftsforum in New York die dort versammelte Wirtschaftselite aufgefordert, mehr Geld in die Entwicklungsländer zu investieren. Von den anwesenden Regierungsmitgliedern aus den G-7-Ländern verlangte er, sie sollten die staatliche Entwicklungshilfe verdoppeln. Technologie und Wissenschaft sollten gegen Hunger, Epidemien, Umweltzerstörungen und politische Konflikte mobilisiert werden. Das Weltwirtschaftsforum war am Montagabend zu Ende gegangen. Rund 2.700 Vertreter aus Politik und Wirtschaft hatten daran teilgenommen. GERHARD DILGERKATHARINA KOUFEN
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