: Genialer Gruß mit vier bis acht Buchstaben
■ „Moin“ oder „Moinmoin“– die niederdeutsche Ganztagsbegrüßung will in den Duden
Wo Niederdeutsch gesprochen wird, taucht die kurze knackige Grußformel „Moin“ oder „Moinmoin“ auf. Das Verbreitungsgebiet reichte urspünglich von Flensburg bis Ostfriesland, vornehmlich entlang der Westküste und in deren Hinterland. Gerüchten zufolge soll der Gruß inzwischen sogar bei jungen Leuten in Süddeutschland in Mode gekommen sein. Die geographische Ausbreitung jedenfalls ist nach Angaben von Sprachforschern offensichtlich.
Und war das „Moin“ früher fast nur auf dem „flachen Lande“ bekannt, haben Verbreitung und Anwendung heute sogar Einzug in Top-Etagen von Politik und Wirtschaft gehalten. Selbst in führenden Medienunternehmen ist das Four-Letter-Word gang und gäbe geworden: Die beiden Rathausredakteure der taz hamburg führen es von früh bis spät im Munde. Allerdings erweiterte Redakteur A., genetischer Ostwestfale, seinen Sprachhorizont erst während eines mehrjährigen berufsbedingten Aufenthaltes in Ostfriesland, während sein ostholsteinischer Kollege V. bereits aus der Wiege entsprechend zu grüßen pflegte.
Auch nach Einschätzung von Willy Diercks, Landesgeschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Heimatbundes (SHHB), weist der Gruß „Moin“ starke Ausbreitungstendenzen auf: „Während die Grußformel früher überwiegend beim so genannten einfachen Volk mit plattdeutscher Umgangssprache üblich war, bedienen sich heute immer mehr hochkarätige Personen des öffentlichen Lebens dieses wohl ursprünglich niederdeutschen Grußes.“ Eine der bekanntesten Vertreterin sei die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD), die auffällig häufig mit „Moin Moin“ grüße, obwohl die gebürtige Bonnerin erst zum Studium in Kiel nach Norden kam.
Frerk Möller, Sprachwissenschaftler am Institut für Niederdeutsche Sprache (INS) in Bremen, bezeichnet den „coolen Gruß“ aus der norddeutschen Tiefebene gar als „lingua franca“ – ein Wort also, das praktisch überall in Deutschland verstanden werde. Simonis- Vorgänger Björn Engholm (SPD), ein Lübecker, hält die norddeutsche Grußformel deshalb für die „genialste Wortschöpfung aller Zeiten“.
Eine offizielle Schreibweise für das „Moin Moin“ gibt es nicht, im Duden ist er nicht aufgeführt. Da das blauweiße „Grüß Gott“ und das schweizerische „Grüezi“ schon lange nachzuschlagen sind, hat das Bremer Institut einen Antrag an den Duden zur Aufnahme von „Moin“ gerichtet. „Die Redaktion hat inzwischen zugesagt, die Anregung des Instituts bei der Bearbeitung der nächsten Auflage wohlwollend zu prüfen“, erklärt Werner Scholze-Stubenrecht vom Duden-Verlag. Zunächst müsse allerdings die Schreibweise – ob groß, klein, zusammen, auseinander, mit Komma oder Bindestrich – noch eindeutig geklärt werden.
Über die Herkunft gibt es mehrere Theorien. Allerdings scheint eine Ableitung von „Guten Morgen“ über „Morgen“ zu „Moin“ ziemlich ausgeschlossen, wie Sprachforscher herausgefunden haben wollen. Auch ist ein alleiniger plattdeutsch-friesischer oder etwa holländischer Ursprung (moje oder moj = schön, gut) mit flächendeckender Auswirkung auf den gesamten norddeutschen Raum nach Darstellung des ostfriesischen Pub-lizisten Jürgen Byl nicht eindeutig nachweisbar. ur/smv
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