Kommentar Franziska Drohsel: Beim ersten Windhauch eingeknickt
Die Juso-Vorsitzende tritt aus der Roten Hilfe aus - ein Fehler. Sie lässt sich Überzeugungen von denen vorschreiben, die zuvor wohl noch gar nicht von der Roten Hilfe gehört hatten.
V or gut einer Woche strahlte sie noch, die neue Juso-Chefin. 76 Prozent hatte Franziska Drohsel auf dem Bundeskongress der SPD-Jugend erzielt - das beste Wahlergebnis seit 1969. Doch die Schattenseiten des Erfolgs ließen nicht lange auf sich warten. Plötzlich interessierten sich viele vor allem für ihre Mitgliedschaft in der Roten Hilfe - einem Verein, der sich für verfolgte Linksaktivisten einsetzt und deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Prompt begannen manche in der Union zu hyperventilieren. Wolfgang Bosbach unterstellte ihr gar Sympathien mit Terroristen und forderte ihren Rücktritt. Drohsel will der Debatte nun ein Ende bereiten: Sie tritt aus dem Verein aus. Damit hat sie ihren ersten Fehler begangen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Rote Hilfe ist nicht gerade die Heilsarmee. Ihre Solidaritätsaufrufe für RAF-Gefangene und ETA-Mitglieder entspringen einer kruden Revolutionsromantik. Doch solch absurde Einzelhaltungen ändern nichts an dem wertvollen Grundanliegen des Vereins: Die Rote Hilfe zahlt Anwalts- und Prozesskosten für Linksaktivisten, die womöglich zu Unrecht unter Terrorverdacht geraten sind, und sorgt dafür, das Inhaftierte nicht ganz aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit verschwinden. Das gefährdet nicht etwa den Rechtsstaat - es kann helfen, ihn zu erhalten. Mit Sympathien für Terror hat das nichts zu tun. Deshalb stand Drohsel - übrigens schon lange vor ihrer Wahl - zu Recht zu ihrer Mitgliedschaft.
Wohl selten hat eine Juso-Chefin so früh eine Chance bekommen, politisches Rückgrat zu beweisen. Franziska Drohsel ist angetreten, die Jusos stärker in sozialen Bewegungen zu verankern. Da hätte ihr mehr Standfestigkeit in dieser Frage gut zu Gesicht gestanden. Stattdessen beugt sich Drohsel der konservativen Presse, allen voran der Bild-Zeitung, die sich mal wieder auf das simple Motto beschränkte: Erst hochjubeln, dann niederknüppeln. Und sie lässt sich ihre Überzeugungen von Unionsabgeordneten wie Wolfgang Bosbach vorschreiben, bei denen Zweifel angebracht sind, ob sie schon jemals zuvor von der Roten Hilfe gehört hatten.
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