die wahrheit: So sexy ist nur GMX
Wer sein E-Mail-Konto bei GMX führt, der wird unweigerlich mit einem Nachrichtenteil konfrontiert, in dem es von Schlagzeilen wie den folgenden wimmelt...
... "Liebes-Aus bei Clooney", "Sexy Damen für den verlassenen Hefner", "Promi-Bräute auf der Flucht", "Modelte Pippa in Unterwäsche?", "Jörg Pilawa wird wieder Papa", "Uuups, die peinlichsten Pokal-Pannen", "Wie sexy ist der Bundestag?", "An Kims Hintern ist alles echt" oder "Wer hat den schönsten Po?"
Viel interessanter sind jedoch die Menschen hinter den Schlagzeilen. Nicht die Promis und ihre Bräute, sondern die Autoren, die ihren Lebensunterhalt mit Kurzberichten über die Trennungsschmerzen, die Unterwäsche und den Sex-Appeal all der Promis und all ihrer Bräute verdienen. Noch vor wenigen Jahrhunderten hätte der Arbeitsmarkt solche Verdienstmöglichkeiten überhaupt nicht hergegeben, und selbst im Geburtsjahr der E-Mail wäre der Berufswunsch Sexy-Model-Po-und-Pannen-Journalist den meisten Schulabgängern noch recht abwegig erschienen. Heute aber quillt das "Arschgerede" (Eckhard Henscheid) unaufhörlich aus allem, was dem Internet-Zeitalter offensteht.
Was also sind das für Menschen, die sich in ihrem gesamten Arbeitsleben auf all diese Pupsi-Themen konzentrieren? In der Münchner GMX-Zentrale ergibt sich am Tag der offenen Tür zum ersten Mal die Gelegenheit, den Textern bei der Arbeit zuzuschauen. Sie sitzen, was wohl niemanden überraschen wird, in einem karg möblierten Großraumbüro vor ihren Rechnern und versuchen, die schlüpfrigsten der vorüberhuschenden News mit den im Sekundentakt eintreffenden Hintergrundinformationen der GMX-Außenkorrespondenten abzugleichen.
Denn bevor eine Nachricht über das Liebes-Aus in einem Schauspielerschlafzimmer oder über die Echtheit eines weiblichen Körperteils an die Öffentlichkeit geht, müssen Fakten gecheckt, Alibis überprüft und zahlreiche Augenzeugen befragt werden. Allein auf dem Set des jüngsten James-Bond-Films haben sich fast fünfhundert GMX-Reporter getummelt, um an Nacktfotos des neuesten Bond-Girls zu gelangen und eventuelle amouröse Verwicklungen hautnah miterleben zu können. Insgesamt stecken mehr als 32.000 Arbeitsstunden in dem schließlich publizierten Beitrag, der den Titel trägt: "So sexy ist das neue Bond-Girl!"
Oder nehmen wir die Headline "Kylie gar nicht mehr geili" - an dieser Formulierung haben 36 Experten 48 Stunden lang gefeilt. Am Anfang waren noch relativ uninspirierte Vorschläge in der Diskussion: "Kylie kaut Kaugummi", "Kylie redet im Unterricht" und "Kylie muss zum Direktor" … Erst anderthalb Tage und 600 Stangen Roth-Händle später tauchten etwas packendere Varianten aus dem Brainstorm auf ("Kylie keine Heilige", "Kylie doof", "Kylie hat Langeweili"), und dann dauerte es noch einmal zehn zähe Stunden, bis der erlösende Geistesblitz in die Texterversammlung fuhr.
Eine solide Leistung. Doch in der Nachrichtenzentrale vergeudet man keine Zeit mit Nabelschau. Dafür ist der Konkurrenzdruck einfach zu groß. "Unsere Kunden sind voll anspruchsvoll", sagt Marco Bumm (26), der Leiter des Ressorts Entertainment VII (Glücksspiele, Vaterschaftstests und kosmetische Chirurgie). "Wenn wir bei irgendeinem Top-Thema hinterherhinken, dann macht sich das sofort auf dem Gehaltsscheck bemerkbar. Aber das Betriebsklima ist trotzdem voll gut. In der Kantine werden auch schon mal Witze erzählt, und nach Schichtende gehen wir oft alle zusammen noch ne Pizza essen. Das ist auch so ne Art Neuigkeitenbörse, wo man Kollegen trifft und manchmal auf die ultimativsten Ideen kommt …"
Und so geht es immer krasser weiter auf GMX. "Total verknallt: Knutschalarm beim Bambi!" oder "Diese XL-Oberweite ist echt!" oder "Pippa als Nippel-Puppe!" Jedenfalls vorläufig. Gemäß einer Prophezeiung des Sehers Nostradamus kommt das Ende dieses Elends bereits in Sicht. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts schrieb er die folgenden tröstlichen Zeilen nieder: "Steigt die 2012 herauf, so werden die GMX-Schreiber, deren Arbeit keine Wertschöpfung bedeutet, ausnahmslos in die Langzeitarbeitslosigkeit überführt." Generationen von Interpreten haben sich jahrhundertelang vergeblich um die korrekte Deutung dieser Worte bemüht. Wir aber wissen Bescheid.
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