Zusammenfassung 1. Mai: Linksradikale finden Mitte nicht
In Hamburg und Berlin haben tausende Linke am 1. Mai demonstriert – so friedlich wie seit Jahren nicht mehr. Für die Nazis wurde der Tag zum Totalausfall.
BERLIN taz | Trotz einzelner abendlicher Randale: Berlin und Hamburg haben die friedlichsten 1. Mai-Feiertage seit Jahren erlebt. In beiden Städten feierten tausende bis in die Nacht – auf dem Kreuzberger Myfest und im Hamburger Schanzenviertel.
Die Polizei zog beiderorts ein positives Resümee. In Berlin zeigte sich Innensenator Frank Henkel (CDU) „überwiegend zufrieden“. Auch die Polizei, mit 7.000 Beamten im Dienst, sprach von einem „weitgehend friedlichen 1. Mai“. Bis zur „Revolutionären 1. Mai“-Demonstration am Abend sei es zu „fast keinerlei Vorkommnissen“ gekommen, so Behördensprecher Volker-Alexander Tönnies.
Eben dieser Aufzug der Autonomen führte allerdings zu Streit. Rund 15.000 Linke beteiligten sich an der Demonstration, die sich gegen steigende Mieten und die europäische Krisenpolitik positionierte. Erstmalig wollten die Linksradikalen von Kreuzberg bis ins Stadtzentrum ziehen. Sie kamen allerdings nur bis zum Jüdischen Museum am Rande Kreuzbergs.
Streit um Berliner Abenddemo
Bereits kurz nach Beginn der Demonstration warfen Vermummte Scheiben einer Sparkasse ein, später traf es eine Tankstelle. Auch Polizeibeamte wurden mit Steinen beworfen. Vor dem Jüdischen Museum, auf halber Strecke der Aufzugsroute, reichte es der Polizei: Sie stürmte in die Demo-Spitze, nahm Teilnehmer fest, setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Wenig später löste sie den Aufzug wegen „wiederholter Straftaten“ gänzlich auf.
Das linksradikale „1. Mai“-Bündnis sprach hiernach von „unglaublicher Brutalität“ der Polizei und einigen verletzten Demonstranten. „Der Polizeieinsatz hat an syrische Verhältnisse erinnert“, kritisierte ein Bündnis-Sprecher. Randale nach der Demonstration blieben weitgehend aus. Die Polizei tätigte einige Festnahmen nach Flaschenwürfe am Rande des Myfests.
Im Vergleich zu Vorjahren blieben die Auseinandersetzungen überschaubar: 2009 war es in Berlin am 1. Mai noch zu stundenlangen Krawallen gekommen, im letzten Jahr gab es 161 Festnahmen und 100 verletzte Polizisten.
„Keine Alternative zur Revolution“
In Hamburg hatten sich am Nachmittag rund 2.500 Menschen am Euromayday beteiligt. Am Abend protestierten dann 1.400 Linksradikale unter dem Motto „Keine Alternative zur Revolution“ von St. Pauli zum Spritzenplatz in Altona. Aus dem Demo-Zug kam es zu Böller- und Flaschenwürfe. Die Polizei reagierte mit Pfefferspray und Schlagstockeinsatz.
Nach dem Aufzug zogen die Beamten auch Wasserwerfer auf, als im Schanzenviertel Mülltonnen angezündet wurden. Polizisten stürmten ein Haus, um Flaschenwürfe vom dortigen Dach zu unterbinden. Die Polizei, die 1.100 Einsatzkräfte aufbot, meldete insgesamt fünf Festnahmen – auch hier deutlich weniger als im Vorjahr, als noch 58 Randalierer in Gewahrsam genommen wurden.
Neonazis blockiert
In mehreren deutschen Städten demonstrierten am 1. Mai zudem tausende gegen rechtsextreme Aufzüge. In Neumünster (Schleswig-Holstein) protestierten mehr als 2.000 Bürger gegen einen NPD-Aufmarsch. Die Polizei nahm alle 120 Neonazis fest, als diese über eine nicht angemeldete Route zu ihrem Kundgebungsort laufen wollten, darunter auch NPD-Bundesvize Udo Pastörs.
In Neubrandenburg, Wittstock, Bautzen, Berlin, Bonn und Hof standen jeweils mehrere hundert Menschen rechtsextremen Demonstrationen und Kundgebungen gegenüber. Bereits am Vormittag waren Gewerkschafter in 420 deutschen Städten, darunter Stuttgart, Erfurt, Gladbeck, Berlin und Hamburg, für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und gegen die europäische Sparpolitik auf die Straße gegangen.
Der ganze 1. Mai im Liveticker auf taz.de.
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