Zum Tode Whitney Houstons: In die Musik hineingeboren
Sie wollte an der Grammy-Zeremonie teilnehmen, doch dazu kam es nicht mehr. Die US-Sängerin Whitney Houston ist im Alter von 48 Jahren gestorben – eine Würdigung.
WASHINGTON taz | "Traurig" und "geschockt". Aber "nicht überraschend". So lauteten die ersten Reaktionen auf den Tod von Whitney Houston am Samstagnachmittag in Los Angeles.
Während Detektive im vierten Stock nach der Ursache für den plötzlichen Tod der 48jährigen suchten, versammelten sich im selben Gebäude KollegInnen zu einer Party am Vorabend der Grammy-Zeremonie, wegen der die Queen of Pop im Hotel war.
Die Frau, die mit ihrer Stimme drei Oktaven umarmen und ein Publikum in aller Welt zu Tränen rühren konnte, hat den Grammy sechs Mal gewonnen und war 26 Mal dafür nominiert. Bei Bekanntwerden ihres Todes unterbrachen alle US-Nachrichtensender ihr Programm.
Bis lange nach Mitternacht spielten sie Hits wie "I am every woman" und "I'll always love you". Und arbeiteten an der Unsterblichmachung der Diva. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Familienangehörige noch wenige Minuten vor ihrem Tod mit Whitney Houston gesprochen haben und es ihr "gut" gegangen sei.
Der "Soundtrack unserer Leben"
"Sie ist eine der größten Stimmen in der Geschichte der Musik", sagte der R&B Sänger Smokey Robinson an ihrem Todesabend . Und die Rapperin Mc Lyte nannte sie den "Soundtrack unserer Leben". Clive Davis, der Mann, der Whitney Houston als 20-Jährige unter Vertrag genommen hat, hielt an seiner Vor-Grammy-Party, an der sie nicht mehr teilnehmen konnte, fest. Zahlreiche Stars nutzten den Abend für eine erste Hommage an Whitney Houston. Auch Grammy-Veranstalter Ken Ehrlich sagte, dass Whitney Houston am Sonntag, beim Grammy-Abend "respektvoll gewürdigt" werde.
Whitney Houston wurde 1963 im Bundesstaat New Jersey in die Musik hineingeboren. Ihre Cousine ist die Sängerin Dionne Warwick. Ihre Mutter Cissy Houston singt im Gospelchor der Kirche und als Begleiterin von Elvis Presley und Aretha Franklin. Letztere wird Whitneys Patin. Das Mädchen tritt mit fünf Jahren im Chor auf, singt ihr erstes Solo mit elf und fällt mit einer mächtigen Stimme und großer Schönheit auf.
Nach Abschluss des Plattenvertrags mit Clive Davis startet sie ihre internationale Karriere wie ein Komet. Bis zu ihrem Tod hat sie 170 Millionen Platten verkauft. In den 80er Jahren führt sie sieben Mal hintereinander die US-Hitparaden an. Und übertrifft alle vorausgegangenen Erfolge der Pop-Musik – die Beatles inklusive. Generationen von US-AmerikanerInnen wachsen mit ihrer Stimme auf.
Ihre Interpretation der Nationalhymne beim Super Bowl des Jahres 1991 läuft bis heute in Stadien quer durch die USA zum Auftakt von Football und Basketballspielen. Obwohl jedes Jahr ein neuer Star seine Version der Hymne zum Super Bowl vorträgt. Und zahlreiche Weltstars, darunter Mariah Carey, Celine Dion und Christina Aguilera berufen sich auf Whitney Houston als ihr großes Vorbild.
Spiegelbild Michael Jacksons
Doch Whitney Houstons musikalischer Erfolg ist begleitet von einem komplizierten Privatleben. Sie hat eine 2007 geschiedene Ehe voller Tumulte mit dem Musiker Bobby Brown. Sie changiert zwischen Drogenmissbrauch und Entziehungskuren. Und zum 30. Dienstjubiläum von Michael Jackson im Herbst 2001 ist sie so dürr geworden, dass am nächsten Tag das Gerücht die Runde macht, sie sei tot.
Wenige Monate nach Michael Jacksons Tod im Jahr 2009 bezeichnet Whitney Houston ihn in einem Interview als "Spiegel". Houston: "Es war, als würde ich mich in ihm selbst sehen. Er reflektierte meine eigenen Probleme mit Drogen". Sie hat den befreundeten Musiker nie wieder getoffen. Sondern nur noch mit ihm telefoniert.
Anfang des Jahrtausends verschwindet Whitney Houston für lange Zeit von der Bühne – wegen ihrer öffentlichen Exzesse. In einem Interview mit der Fernsehjournalistin Diane Sawyer spricht sie mit einer kaum wiedererkennbar gewordenen Stimme von ihren "Problemen". Sie versichert, dass sie kein Crack nehme – weil das "billig" und "scheiße" sei, nennt aber andere Drogen.
2009 versucht sie ein Comeback. Bei einem Konzert im Central Park in New York ist ihre 15-jährige Tochter, ihr einziges Kind, wieder mit auf der Bühne. Bobbi Kristina ist schon singend mit ihrer Mutter aufgetreten, als sie der großen Whitney nicht einmal bis zur Hüfte reichte. Doch 2009 ist die Situation anders. Whitney Houston wird bei ihrer Tournee durch die USA wieder ausgebuht. Anschließend verschwindet sie erneut in der Versenkung.
In den letzten Wochen und Monaten glaubten Fans, dass es Whitney Houston wieder besser ging. Sie war zu neuer Schönheit erblüht. Ging auf Partys. Und plante einen Film. Aber wer ihre Karriere und ihr Leben verfolgt hat, wusste, dass die Sängern mit sich kämpfte. Sie selbst hat einmal gesagt: "Ich bin selbst mein größter Teufel. Ich bin entweder meine beste Freundin oder meine größte Feindin."
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