Zahl der Insassen geht zurück: Abschiebeknast soll umziehen
Berlin und Brandenburg wollen eine gemeinsame Hafteinrichtung. Wo, ist allerdings noch unklar.
Die rot-schwarze Landesregierung will den Abschiebeknast in Grünau aufgeben und eine gemeinsame Hafteinrichtung mit Brandenburg betreiben. Innensenator Frank Henkel (CDU) habe sich dazu bereits im März mit seinem Brandenburger Amtskollegen Dietmar Woidtke (SPD) getroffen. Sie hätten „beiderseitiges Interesse an einer solchen gemeinsamen Einrichtung bekundet“, sagte Ingo Decker, Sprecher des Brandenburger Innenministeriums, der taz. Schon Henkels Amtsvorgänger Ehrhart Körting (SPD) hatte erklärt, dass Berlin ein kleineres Gebäude suche und dabei eine gemeinsame Lösung mit Brandenburg prüfe.
Hintergrund der Pläne ist der starke Rückgang der Zahl der Abschiebehäftlinge. Damit werden die bisherigen Abschiebeknäste in Berlin und Brandenburg zu teuer. Das Gebäude in Grünau ist zudem stark sanierungsbedürftig. Wollte es die Innenverwaltung weiter betreiben, müsste sie es teuer sanieren.
Der Knast in Grünau ist für 214 Haftplätze ausgelegt. Die durchschnittliche Belegung in diesem Jahr liegt bei 23, im Vorjahr waren es 47. Ähnlich sieht es in Brandenburg aus: Der Abschiebeknast Eisenhüttenstadt hat 108 Haftplätze, gebraucht werden nur 10 bis 20. Wie die taz aus informierten Kreisen erfuhr, soll der Standort Eisenhüttenstadt, den Brandenburg für den gemeinsamen Abschiebeknast favorisiert, allerdings so gut wie vom Tisch sein.
Nahe Schönefeld
Nach taz-Informationen soll die Arbeitsgruppe einen Standort nahe Schönefeld auf Brandenburger Seite präferieren. Eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen im Asylknast, der direkt auf dem Flughafen entsteht, würde allerdings juristische Klimmzüge erfordern – denn in diesem Gebäude kann das Flughafenasylverfahren für Neuankömmlinge nur stattfinden, weil es juristisch für exterritorial erklärt wird. In demselben Gebäude Menschen aus Deutschland zu inhaftieren, ist juristisch problematisch.
Die grüne Flüchtlingspolitikerin Canan Bayram lehnt den Standort Eisenhüttenstadt ab, „weil Anwälte und Angehörige den Inhaftierten hier nur schwer Unterstützung geben können“. Sie rechnet damit, dass die Zahl der Abschiebehäftlinge niedrig bleibt. „Da sollte man fragen, ob man überhaupt einen Knast betreiben muss oder ob es nicht auch anders geht.“
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