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WissenschaftlerOzonloch über Nordpol entdeckt

Es ist fünf Mal größer als Deutschland: Wissenschaftler haben ein riesiges Ozonloch über dem Nordpol nachgewiesen. Das Loch ist vergleichbar mit dem über der Antarktis.

Temperaturmessung der Artiks am 6. März 2011, als der Abbau der Ozonschicht begann. Bild: ESA/ Karlsruher Institut für Technologie (KIT) dpa

LONDON dpa/afp | Wissenschaftler haben in diesem Frühjahr erstmals ein riesiges Ozonloch über der Arktis nachgewiesen. "Der Ozonverlust im Frühjahr 2011 übersteigt jeden, der bisher über der Arktis gemessen wurde", schreibt das internationale Team, darunter der Potsdamer Atmosphären-Forscher Markus Rex, im Fachjournal Nature.

"Hier zeigen wir, dass die chemische Ozonvernichtung über der Arktis im Frühjahr 2011 - das erste Mal seit Messbeginn - vergleichbar zu der im Antarktischen Ozonloch war", erläutern die rund 30 Forscher in dem Journal. Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut (Abteilung Potsdam) und weiteren Forschungsstellen hatten bereits im Frühjahr auf das riesige Ozonloch aufmerksam gemacht. Sie veröffentlichten nun die Daten und die Entstehungsgeschichte des Ozonlochs, das die fünffache Größe Deutschlands hat, in einem Fachartikel.

Die Luftmassen, die dem Ozonverlust über der Arktis ausgesetzt waren, drifteten nach Angaben von Rex im vergangenen Winter auch ein paar Tage lang nach Südeuropa. Das Ozonloch habe Norddeutschland Ende März gestreift, ein weiterer Ausläufer sei an einem Wochenende Anfang April über Süddeutschland gezogen. "An den Tagen hatten wir eine erhöhte UV-Strahlung", sagte der Forscher. "Da sind sicherlich zusätzliche Sonnenbrände aufgetreten, die zu Hautkrebs führen können."

Eine Ursache des Ozonlochs sei die ungewöhnlich lange Kälteperiode im vergangenen Winter gewesen. Demnach führten extrem niedrige Temperaturen in der Stratosphäre - einer Schicht etwa 20 Kilometer über der Erdoberfläche - zu einer Zunahme des ozonschädigenden Chlors.

Ozonschicht um 80 Prozent zurückgegangen

Nach den Messungen der Forscher ging die arktische Ozonschicht Anfang dieses Jahres um 80 Prozent zurück - auf einer Länge von 18 bis 20 Kilometern. Der Abbau ist gefährlich, da ohne die schützende Schicht mehr UV-Licht auf die Erde gelangt. Die Ozonschicht wird jeweils bis zum arktischen Frühjahr dünner und füllt sich in den darauffolgenden Monaten wieder auf.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Ozonlöcher sogar bei wesentlich milderen Temperaturen als in der Antarktis möglich sind", schreiben die Experten. Ob und wann es wieder zu solch großen Ozonverlusten kommen werde, sei bisher jedoch nicht absehbar. "Es gibt viele Winter, wo man sich keine Sorgen machen muss", sagte Rex. Der Klimawandel führe jedoch verstärkt zu kühleren Temperaturen in der Stratosphäre.

Bei milderen Werten sind die ozonschädigenden Chloratome an Substanzen gebunden, die die Ozonschicht nicht angreifen. Wenn die Temperaturen in der Stratosphäre jedoch auf extrem niedrige Werte fallen, bilden sich polare stratosphärische Wolken, wie der Experte erklärt. Durch diese Wolken werden Chlorverbindungen freigesetzt, die Ozon zerstören. Das Chlor stammt vor allem von langlebigen Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) aus Kühlmitteln und Spraydosen. Inzwischen gibt es zahlreiche Ersatzstoffe für FCKW.

Insgesamt ist der Rückgang der Ozonschicht über dem Südpol größer als in der Arktis, weil dort die Temperaturen sehr viel niedriger sind.

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7 Kommentare

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  • AU
    Armin Ulrich

    Unter dem Wiki-Eintrag über den Vater der Ozonforschung Gordon Dobson (nach dem auch die Dobson Einheit benannt wurde) finden wir:

     

    "Er und seine Kollegen entdeckten die extremen Schwankungen der Ozonschicht in der Antarktis (nach der „Entdeckung“ dieser Schwankungen durch Robert Watson im Jahr 1985 wurde aus diesen Schwankungen dann das Ozonloch). Dobson und seine Kollegen vermuteten, dass die Schwankungen der Ozonschicht mit der wechselhaften Wetterlage zusammenhängen könnten. Auf die Idee, dass FCKW verantwortlich sein könnte kam man nicht, da die Produktion von FCKW zu diesem Zeitpunkt noch extrem niedrig war."

     

    Das hieße natürlich, daß die FCKWe nicht die Ursache des Ozonlochs sein können - oder?

  • JK
    Juergen K.

    Alles, seit dem die Deutsche Automobilindustrie

    die

     

    ökologischten Austos "Seit Ever" verkauft.

     

    Di9e Dreckschweine der Politik seit 1960 müssen WEG !

  • HH
    Helge Haselbach

    Hallo Taz!

    Erstmals nachgewiesen?

    Erinnere ich mich falsch wenn ich im Feb./März/April bereits auf exakt diese Tatsache hingewiesen wurde, mit dem Rat kombiniert nicht so lange in die Sonne zu gehen? Erstmals als Begriff sagt ja nichts über den Zeitpunkt der Entdeckung aus, aber zumindest ist's nicht erstmals in der TAZ erwähnt worden.

    Aktuell ist das vielleicht (noch) - aber nicht wirklich... wie alt war die Nachricht denn Anfang des Jahres 2011?

    mfG

  • F
    Felix

    Begegnen sich zwei Planeten. Jammert der eine "Ach! Mir geht's überhaupt nicht gut. Ich hab die Menschen." Sagt der andere: "Mach Dir nichts draus, das vergeht von selbst wieder."

  • Y
    Yadgar

    Ist das nicht ein ziemlich alter Hut? Über ein arktisches Ozonloch habe ich schon in den späten 90ern gelesen... seither las ich aber auch, dass nach dem weltweiten FCKW-Verbot sich das Ozonloch zumindest über der Antarktis langsam schließt und sich die Ozonschicht dort bis ca. 2070 wieder vollständig erholt haben soll! Was stimmt denn jetzt?

  • R
    reblek

    Bildunterschrift und Vorspann sind die Stärken der taz-Redaktion, da tobt sie sich so richtig aus: "Temperaturmessung der Artiks am 6. März 2011, als der Abbau der Ozonschicht begann." Und erfindet mal kurz eine "Artik".

    "Es gibt viele Winter, wo man sich keine Sorgen machen muss", sagte Rex. - Ist "wo" nicht eine Ortsbezeichnung und daher "in denen man..." angebracht ist?

    "Der Klimawandel führe jedoch verstärkt zu kühleren Temperaturen in der Stratosphäre." - Ha, ha! hat bei dpa/AFP, die für solchen Unsinn mit der taz-Redaktion verantwortlich zeichnen, schon mal jemand eine Temperatur angefasst und bemerkt, dass sie "kühl(er" war? Eine Temperatur gibt den Wärme- bzw. Kältegrad von etwas an und hat sich nicht selbst. Aber dafür können die Autor(inn)en uns viel kompliziertere Dinge erklären, die sie möglicherweise sogar selbst verstehen.

  • F
    facepalm

    Danke, liebe taz!

    Ihr Artikel ist bisher der einzige, der zu diesem Thema auch eindeutig sagt, dass die Abkühlung in der Stratosphäre stattfand. Etliche andere Zeitungen haben dies so missverstänbdlich formuliert, dass durch uninfoprmierte Kommentatoren ein falscher Widerspruch zum Meereisminimum dieses Jahres und zur globalen Erwärmung allgemein konstruiert werden konnte.