Wirtschaftsnähe: Weiterwulffen in Hannover
Forderungen der Opposition nach strengeren Regeln beim Polit-Sponsoring lehnen Niedersachsens Regierungsparteien CDU und FDP ab. Auch "Club 2013" von und mit unionsnahen Unternehmern geht weiter.
HANNOVER taz | Unbelehrbarkeit wirft die Opposition in Niedersachsen der schwarz-gelben Landesregierung vor. Diese nämlich lehnt – ungeachtet aller Debatten um Polit-Sponsoring und zu viel Wirtschaftsnähe nach der Wulff-Affäre – strengere Regeln strikt ab. Auch führt die CDU ihren umstrittenen „Club 2013“ fort. Nach dessen jüngsten Treffen Anfang der Woche fordern die Landtagsgrünen jetzt Auskunft über die genaue Organisationsstruktur.
150 Gäste, meist CDU-nahe Kleinunternehmer und Mittelständler, waren am Montagabend zum Fahrzeugbauer Krone nach Werlte im Emsland gekommen. Darunter fast das ganze Kabinett: Ministerpräsident und CDU-Landeschef David McAllister, Finanzminister Hartmut Möllring, Justizminister Bernd Busemann, Sozialministerin Aygül Özkan, Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, auch Staatskanzlei-Chefin Christine Hawighorst (allesamt CDU) war aus Hannover angereist.
„Besonders zahlreich“ seien die CDU-MinisterInnen dieses Mal vertreten gewesen, erklärt CDU-Generalsekretär Ulf Thiele – „auch, um den Kritikern Flagge zu zeigen“. Was Thiele „einen Segen für die CDU“ nennt, gehört für die rot-grüne Opposition längst aufgelöst: Regelmäßig treffen beim Club 2013 Unternehmer und CDU-Politiker zum „offenen Dialog“ aufeinander, wie Thiele sagt. Die SPD sieht eine „Verknüpfung von Parteispenden mit Regierungsinformationen aus erster Hand“. Die Grünen wollen wissen, wer genau die Mitglieder der Landesregierung zu den Treffen einlädt.
Laut der niedersächsischen Antikorruptionsrichtlinie ist Sponsoring in der Landesverwaltung "für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit, der Kultur und des Sports" zulässig - "wenn jeder Einfluss auf Inhalte auszuschließen ist".
Um "bösen Anschein" zu verhindern, müssen die einzelnen Ministerien Leistungen ab einem Wert von 1.000 Euro jährlich veröffentlichen, ab 500 Euro einen Sponsoringvertrag abschließen, bei mündlichen Vereinbarungen ist ein Aktenvermerk zu erstellen.
Parteien-Sponsoring wie das Schalten von Anzeigen in Parteiblättern oder das Mieten von Werbefläche bei Parteitagen muss in Deutschland nicht veröffentlicht werden - es läuft in Rechenschaftsberichten meist als Einnahmen aus Veranstaltungen.
Parteispenden hingegen müssen dort laut Parteigesetz ab einer Höhe von 10.000 Euro aufgeführt werden.
Offizielles ist kaum bekannt über den Club 2013. Als Organisator gilt Jürgen R. Viertelhaus, Vorstandschef des Oldenburger Automobilzulieferers Vierol, Finanzminister Möllring soll einer der Initiatoren sein. Während es bei den Treffen laut Möllring nur nebenbei um ideelle und materielle Unterstützung der CDU geht, erklärt Organisator Viertelhaus, Club-Mitglieder zahlten monatlich 50 Euro, die der CDU zur Verfügung gestellt werden. Während Generalsekretär Thiel betont, der Club sei keine Untergliederung der Partei, ist als Kontakt auf Club-Einladungen, die der taz vorliegen, die Landesgeschäftsstelle der Niedersachsen-CDU angegeben.
Angesichts solcher Widersprüche fordert der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg die Regierungsparteien auf, sich strengeren Regeln zum Umgang mit Wirtschaft, Spenden und Sponsoring „nicht weiter zu verweigern“. CDU und FDP hatten solchen Forderungen erst vergangene Woche im Landtag eine deutliche Absage erteilt: Als überflüssig bezeichneten sie einen Grünen-Antrag, nach dem die Landesregierung als Konsequenz aus der Affäre um Ex-Bundespräsident Christian Wulff (CDU) Sponsoring durch Unternehmen, Verbände oder Privatpersonen vom Haushaltsausschuss des Landtages genehmigen lassen soll. Zudem fordern die Grünen für Parteisponsoring eine Veröffentlichungspflicht wie bei Parteispenden. Ein Vorstoß, mit dem die CDU Spender und Sponsoren wie auch die Empfänger „unter Generalverdacht“ gestellt sieht.
Wie sehr Niedersachsens Landesregierung auf Geld-, Sach- und Dienstleistungen setzt, zeigt unterdessen der Sponsoringbericht für 2011, den sie dieser Tage veröffentlicht hat: Leistungen in Höhe von knapp 11 Millionen Euro sind darin aufgeführt, allein 8,8 Millionen für den Bereich des Wissenschaftsministeriums. Größter Geldgeber war hier der umstrittene Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer, der mit rund 200.000 Euro Stipendien und eine Stiftungsprofessur an der Universität Hannover sponserte.
Die Staatskanzlei führt etwa 385.000 Euro Sponsorengelder auf – der Großteil fiel bei Events wie dem Sommerfest der Landesregierung in Berlin an. Regierungschef McAllister fungierte vor allem für den Autobauer VW als Werbeträger: Der stellte ihm auf seinen Auslandreisen Autos zur Verfügung und ließ sich das knapp 60.000 Euro kosten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!