Wahlkampf in Frankreich: Sarkozy schweigt zu Geldgeschenken
Bei den Präsidentschaftswahlen versucht Nicolas Sarkozy mit Entschlossenheit im Kampf gegen den Terror zu punkten. Doch holt ihn jetzt eine alte Spendenaffäre wieder ein.
PARIS taz | Nach einer Großrazzia gegen Verdächtige aus dem Milieu radikaler Islamisten rechtfertigen die französischen Behörden ihr Vorgehen. Nicht nur wurden bei den Festgenommenen aus dem Umkreis der verbotenen Organisation Forsane Alizza („Ritter des Stolzes“) und namentlich bei deren Anführer mehrere Waffen gefunden, sondern auch terroristische Pläne rechtzeitig aufgedeckt. Dies erklärte am Dienstag der Staatsanwalt von Paris der Presse.
Gegen 13 der am Freitag Verhafteten sei eine Untersuchung wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung im Zusammenhang mit terroristischen Unternehmen“ eingeleitet worden. Aufgrund der mehrmonatigen Überwachung und der Aussagen in den Verhören stehe nun fest, dass diese Islamisten Racheakte gegen bestimmte Persönlichkeiten geplant hätten.
Als „potenzielles Entführungsopfer“ wird dabei ein jüdischer Richter in Lyon genannt, der 2011 ein Mitglied der verbotenen islamistischen Gruppierung wegen Kindesmisshandlung verurteilt hatte.
Vorerst nur ein Verdacht
Auch die Namen anderer Personen seien wegen ihrer ihrer „islamophoben“ Stellungnahmen als mögliche Ziele genannt worden. Der ermittelnde Pariser Staatsanwalt präzisierte jedoch, dass es sich vorerst mehr um Verdachtsfälle handele.
Nachdem die Fahndung im Fall von Mohamed Merah in Toulouse viel Kritik einstecken musste, wollte sie der verunsicherten Öffentlichkeit zeigen, dass sie auch präventiv zuschlagen kann. Eine Frage an die Justiz ist, ob Gespräche über eine mögliche Rache an „Feinden“ als konkrete Vorbereitung von Terrorismus eingestuft werden können.
Schockwelle beeinflusst Wahl
Auch der Präsident und Wahlkämpfer Nicolas Sarkozy hat ein Interesse daran, die Jagd auf mutmaßliche Terroristen möglich intensiv weiterzuführen. Der Schock der Terroranschläge von Toulouse hat das Klima der französischen Präsidentschaftswahlen verändert.
Für den bisherigen Präsidenten ist es eine denkbar günstige Ausgangsposition, die Schlussphase des Wahlkampfs in der Rolle des schützenden Staatsoberhauptes anzugehen, der im Kampf gegen die Bedrohung durch islamistische Fanatiker kein Pardon kennt.
Obwohl das für die große Mehrheit der Leute nicht die Priorität bei diesen Wahlen hat, holt Sarkozy damit genügend Stimmen aus dem Lager der Rechtspopulistin Marine Le Pen, um sich noch Siegeschancen ausrechnen zu dürfen.
Noch unentschieden
Gleichzeitig legen Umfragen nahe, dass sich bislang 32 Prozent des Wahlvolks noch nicht entschieden haben, an der ersten Wahlrunde am 22. April teilzunehmen.
Unangenehm sind für den Staatschef hingegen die Fragen nach einer illegalen Finanzierung seiner Wahl von 2007. Nach den Millionen von Gaddafi ist auch von Bargeldgeschenken der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt die Rede.
Ein Untersuchungsrichter in Bordeaux hegt aufgrund von Indizien den Verdacht illegaler Spenden.
Sarkozy musste ein bisher von ihm abgestrittenes Treffen mit den Bettencourts im Februar 2007 bestätigen; möchte aber alte Affären lieber ruhen lassen: „Ich habe keine Lust, darüber zu sprechen. In einer Demokratie habt ihr das Recht, Fragen zu zu stellen, und ich habe das Recht, sie nicht zu beantworten.“
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