Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: NPD schafft Fünf-Prozent-Hürde
Dank einer geringen Wahlbeteiligung ist die NPD wieder in den Landtag gezogen. Die Grünen sind diesmal auch im Parlament. Die SPD legt kräftig zu, die FDP hingegen ist raus.
SCHWERIN dapd | Nach ihrem klaren Wahlsieg wird die SPD in Mecklenburg-Vorpommern weiter regieren. Die Partei von Ministerpräsident Erwin Sellering kann sich nach der Landtagswahl aussuchen, mit wem sie regieren will - weiter mit der CDU oder mit der Linkspartei.
Die CDU musste am Sonntag deutliche Verluste hinnehmen, die Linke blieb stabil. Die Grünen ziehen erstmals in den Schweriner Landtag ein und sind damit nun in allen Länderparlamenten vertreten. Die FDP verfehlte im Nordosten die Fünf-Prozent-Hürde klar. Die rechtsextreme NPD wird dagegen trotz Verlusten vermutlich wieder in den Landtag kommen.
Sellering kündigte an, man werde "ab sofort" in Gesprächen ausloten, welche Koalition möglich sei. Er schloss eine Koalition mit den Linken nicht aus, erklärte aber auch, man müsse bei der Partei "ganz genau hinschauen. Da gibt es Wahlversprechen, die so nicht finanzierbar sind". Auch beim bisherigen Koalitionspartner CDU gebe es aber "Knackpunkte". Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel sagte in Berlin, der starke Zugewinn für die SPD zeige: "Leistung lohnt sich auch in der Politik."
Amtl. Zwischenergebnis
SPD 35,7%, 28 Sitze (2006: 30,2%, 23 Sitze)
CDU 23,1%, 18 (28,8%, 22)
Linkspartei 18,4%, 14 (16,8%, 13)
Grüne 8,4%, 6 (3,4%, 0)
NPD 6,0%, 5 (7,3%, 6)
FDP 2,7%, 0 (9,6%, 7)
CDU-Spitzenkandidat Caffier sagte enttäuscht, die Reformbemühungen der vergangenen Jahre seien bei den Bürgern nicht gut angekommen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, sprach von einem "durchwachsenen" Ergebnis. Er räumte ein, dass die bundespolitische Lage "alles andere als einfach" sei. Dennoch gebe es für die bisherige große Koalition in Schwerin eine eindeutige Mehrheit. "Und deshalb setzen wir darauf, dass der Wählerwille auch respektiert wird", sagte Altmaier.
Linke-Spitzenkandidat Holter zeigte sich enttäuscht: "Wir wollten richtig zulangen, wir wollten mehr erreichen. Aber scheinbar war der Bundestrend nicht auf unserer Seite." Mauerbau-Debatte und innerparteiliche Streitereien hätten nicht unbedingt dazu beigetragen, deutlich zuzulegen. Dennoch sei Rot-Rot möglich. Die Linke sei dazu bereit, es liege jetzt an der SPD.
Grüne freuen sich über "Sensation"
Die Grünen-Spitzenkandidatin in Mecklenburg-Vorpommern, Silke Gajek, ließ sich von ihren Anhängern feiern. "Grün ist drin", rief Gajek der jubelnden Menge in Schwerin zu. Gajek betonte: "Wir haben in Ostdeutschland den Rekord aufgestellt." Gajek forderte ihre Parteikollegen auf, nun richtig zu "ackern": "Wir Grünen stehen für Nachhaltigkeit und das wollen wir im Landtag unter Beweis stellen."
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir wertete das Abschneiden seiner Partei als "wahre Sensation". Das Ergebnis gebe Rückenwind für den Kommunalwahlkampf in Niedersachsen und die Abgeordnetenhauswahl in Berlin. Ein Wermutstropfen sei jedoch, dass die rechtsextreme NPD voraussichtlich auch in den Landtag einziehe.
FDP-Landeschef tritt zurück
Der FDP-Landesvorsitzende Christian Ahrendt erklärte noch am Wahlabend seinen Rücktritt. Er mache den Weg frei für einen neuen Landesvorstand. "Ich glaube nicht, dass es an Personen gelegen hat, deshalb werde ich mich wieder für den Posten des Landesvorsitzenden bewerben", machte Ahrendt allerdings deutlich. FDP-Generalsekretär Christian Lindner beklagte die Niederlage der Liberalen. Diese schmecke "bitter, weil im neuen Landtag keine liberale Stimme, aber mit NPD womöglich Feinde der Demokratie" vertreten seien.
Sellering, der im Wahlkampf auf eine Koalitionsaussage verzichtete, regiert in Mecklenburg-Vorpommern seit Oktober 2008 als Nachfolger des langjährigen Ministerpräsidenten Harald Ringstorff. Das Bundesland wird seit 2006 von einer rot-schwarzen Koalition geführt.
Das Ergebnis der Landtagswahl ist vorläufig. Nach dem Tod eines CDU-Kandidaten auf Rügen können knapp 27.000 Bewohner eines Inselteils erst am 18. September über die Landesparlamentarier abstimmen.
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