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Vorführung des AntiislamvideosVerbot ohne Gesetz

Die Bundesregierung lehnt eine Verschärfung des Blasphemie-Gesetz ab. Die Vorführung des Antiislamvideos aus den USA will sie aber verhindern.

Vor Protesten wie in Afghanistan hat die Bundesregierung wohl Angst. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Bundesregierung lehnt es ab, den deutschen Blasphemie-Paragrafen 166 im Strafgesetzbuch zu verschärfen. Es gebe keine solchen Pläne, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Selbst Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach sich gegen einen entsprechenden Vorschlag seines Parteifreunds Johannes Singhammer aus.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union hatte gefordert, das Gesetz zu verschärfen. Ginge es nach ihm, sollte künftig jede öffentliche Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses strafbar sein – und nicht erst, wie bisher, wenn dadurch der öffentliche Friede gestört werde. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte die Union im Jahr 2000 eingebracht.

Einig ist sich die Bundesregierung aber weiter darin, dass sie eine Aufführung des Antiislamvideos aus den USA in einem deutschen Kino verhindern will. Justizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP) prüft, ob ein Zeigen des Schmähfilms in Deutschland verboten werden kann, „wenn dadurch Sicherheit und Ordnung gefährdet wird“. Rechtspopulisten hatten angekündigt, das Video in einem Berliner Kino zeigen zu wollen.

Auch die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, forderte ein Verbot der Aufführung. Es dürfe kein öffentliches Forum für Volksverhetzung geben. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast dagegen sieht „keinen rechtlichen Anhaltspunkt für ein Verbot“. Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, ist der Meinung, ein Verbot würde die Verantwortlichen für „diesen Schwachsinn“ nur „zu Opfern stilisieren“.

Um die Verwirrung komplett zu machen, kündigte die Berliner Stiftung „Cinema for Peace“ zunächst an, den Mohammed-Schmähfilm am 1. Oktober in einem Berliner Kino zu zeigen. Erst am Mittwochnachmittag machte sie „angesichts der kontroversen Diskussion“ wieder einen Rückzieher.

In Freiburg hat unterdessen ein Deutschlibanese eine Demonstration gegen das Antiislamvideo angemeldet. Gerüchte um eine angebliche Nähe zur Hisbollah wollte die Freiburger Polizeidirektion nicht bestätigen, im Gegenteil: Der Mann habe schon in der Vergangenheit Demonstrationen angemeldet, die stets friedlich und reibungslos verlaufen seien, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion der taz. Der ganze Wirbel sei „unheimlich aufgeblasen“, wiegelte auch ein Sprecher des Stuttgarter Innenministeriums am Mittwoch ab. „Ich warne davor, ein Katastrophengemälde zu malen“, sagte er.

Nach der Veröffentlichung neuer Mohammed-Karikaturen in Frankreich hält Deutschland seine Botschaft in Khartoum weiter geschlossen. Auch für andere Auslandsvertretungen wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Auf das Reiseverhalten der Deutschen haben die Proteste bislang aber kaum Auswirkungen. Urlaubsreisen nach Tunesien oder Ägypten wurden bislang kaum storniert.

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9 Kommentare

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  • HM
    Harald Meierhofer

    Selbstverständlich muss der Film, so schlecht er auch sein mag, gezeigt werden können.

     

    Aber was soll man schon erwarten, wenn der Autor dieses Kommentars im Forum der nach eigener Einschätzung liberalen Badischen Zeitung wegen des folgenden Beitrags gesperrt wird:

     

    >>>>>

    Herr NNN, "Unser Prophet im christlich geprägten Deutschland ist immer noch Jesus!"

     

    Es ist komplizierter.

    Jesus ist ein Bankert, der dem Seitensprung einer gewissen Maria mit einem unbekannten Herrn entsprungen ist. Nachdem der grenzdebile Ehemann der Maria die Geschichte von der göttlichen Jungfrauengeburt tatsächlich geglaubt hat, wurde der Bengel im falschen Bewusstsein aufgezogen, Gottes Sohn zu sein. Derart getäuscht über seine Herkunft wurde dieser junge Mann selbst wunderlich und wurde im Laufe der Zeit zu einer unangenehmen Störung der öffentlichen Ordnung. Als Konsequenz wurde er verurteilt und den zeitgenössischen Sitten folgend hingerichtet.

     

    Allerdings hatte der wunderliche junge Mann es tatsächlich geschafft, einige Zeitgenossen ebenfalls von seiner göttlichen Abkunft zu überzeugen (man darf getrost vermuten, dass es sich dabei nicht um die geistige Elite handelte). Diese bildeten nach seinem Tod einen kannibalistischen Kult, klauten die Leiche und bis heute behaupten sie, jeden Sonntag von seinem Blut zu trinken und von seinem Leib zu essen.

     

    Wo ist da der angebliche Prophet, Herr NNN?

  • G
    Gunter

    Der Rechtsstaat kuscht vor religiösen Fanatikern! Man muss nur gewaltätig genug sein und reich an Anhängern und schon hat man die Deutungshoheit. Das ist eine Schande für eine Demokratie und für die Meinungsfreiheit. Mir reichen die dogmatischen Religiösen schon lange und ich werde nicht kuschen vor vermummten und verschleierten Extremisten.

  • DD
    Dietrich Daub

    Ich habe mir den Film angeschaut, Mohammed wird in ihm tatsächlich lächerlich gemacht, als lüsterner, trottelhafter, rachsüchtiger Egomensch dargestellt. Dass gläubige Moslems darüber erzürnt sind und sich beleidigt fühlen, kann ich nachvollziehen. Das ist aber keine Rechtfertigung Botschaften zu stürmen und unschuldige Menschen umzubringen.

    Die historische Person Mohammed objektiv richtig einzuschätzen, halte ich für ausgesprochen schwierig, weil die erste (schriftliche) Biografie seines Lebens erst 200 Jahre später erschien. Zwischen dem Ableben des Propheten und dem Erscheinen dieser Biografie war also sehr viel Zeit für Legendenbildung verstrichen. Was also tatsächlich in jenen Zeit geschehen ist, liegt vielfach im Nebel der Geschichte. Z.B. wird gesagt, dass er veranlasst haben soll 900 Angehörige eines Judenstammes, die ihn als Propheten nicht anerkannten, ermorden zu lassen. Ob das stimmt, wissen wir nicht genau, aber in jener Zeit hat das wohl in vielen Kreisen kaum Aufruhr verursacht. Im Gegenteil, viele meinten vielleicht: Oh, der Mann kann sich durchsetzen.

    Ich bin kein Historiker, habe aber den Eindruck, dass hier die Aufklärung über das Leben des Mohammed und die Entstehung des Koran sehr zu wünschen übrig lässt.

    Diese Aufklärung hatten die Macher des Films nicht im Sinn, sondern nur Verächtlichmachung und Hetze.

    Trotzdem meine ich Satire, auch Spott über Religion und ihre Gründer muss möglich sein. Sicher ist es so, dass große Teile der Bevölkerung in islamischen Ländern da wesentlich empfindlicher,ja manchmal auch fast kleinkindhaft gekränkt reagieren als wir Europäer. Dies sollten wir akzeptieren.

    Die Muslime dieser Länder sollten aber auch akzeptieren, dass in den (sogenannten) westlichen Ländern Satire, Spott, auch über Religionsstifter und ihre Vertreter möglich sind.

    Schorschi Schnabbelschnut(hessischeanekdoten.de) hat gesagt: Des Alles seun koa Grund si(s)ch gejesaa- ti(s)ch zu hasse/ bessä un vägnie(s)chtä ia: gut läwe un läwe lasse.

    (Das Alles ist kein Grund sich gegenseitig zu hassen/ besser und viel vergnügter ist: gut leben und leben lassen)

    Dem ist nichts hinzuzufügen.

  • M
    Michel

    Der Film muß gezeigt werden dürfen!

    Ein Verbot ist doch gerade das, was die Moslemhasser wollen, um hinterher wieder in der Opferrolle baden zu können und sich selbst als Abendlandretter zu inszenieren, die von einem "linksgrünversifften Gutmenschenstaat" in ihrem Kampf gegen *den Islam* behindert werden.

    Und die Regierenden? Lassen sich auf dieses Spiel auch noch ein und merken gar nicht, wie sie von den Salonrassisten am Nasenring durch die Manege geführt werden, weil sie selber schon glauben, in jedem Moslem stecke ein kleiner Osama.

  • AR
    alter Rammler

    Wer das Video nicht mag, muss es nicht ansehen, aber wer es sehen möchte, soll es auch anschauen dürfen.

    Alles Andere widerspräche unseren verfassungsmässig garantierten Grundrechten.

  • Z
    zombie1969

    Diese Gewaltausbrüche sind lediglich begründet mit dem Hass und Neid auf die gesellschaftlich und wirtschaftlich erfolgreichen nichtmuslimischen Länder. Hinzu kommt bei diesen Unruhen die Bildungsferne grosser Bevölkerungsteile in muslimischen Ländern. Hier spielt der Mohammed-Film nur eine untergeordnete Rolle bei diesen Protesten Gewaltexzessen. Ein Verbot dieses Filmes ist daher nur eine Scheinlösung.

  • B
    broxx

    Einfach mal den Trailer nach Fakten und Fiktion durchchecken...Fakten gewinnen! Daher kann das gar kein Schmähvideo sein.Wenn ich zu einer Frau Frau sage ist das ja auch keine Schmähung. Wenn ich also über Mohammed sage das er ein Kinderficker, Mörder von Frauen und Kindern und Räuber ist, der außerdem doppelt so viele Frauen wie alle anderen Moslems "haben" darf - dann ist das die aus den Hadithen überlieferte Wahrheit und keine Schmähung. Selbst einen sprechenden (sic) Esel, der Juden hasste, hatte Mohi. Daher verstehe ich den Bohei nicht der um diese Fakten gemacht wird.

    Merkwürdig-als die Meldung kam das Jesus verheiratet war-keine Toten, keine brennenden Fahnen und was weiß ich noch...

  • CH
    Cornelia Holtmann

    Der wirkliche Skandal ist, dass das Gesetz ein Verbot davon abhängig macht, ob der öffentliche Friede durch eine Vorführung gefährdet würde. Das ist eine Kapitulation vor der Gewalt(androhung), der Staat verzichtet auf sein Gewaltmonopol.

     

    Ich kann also mir nicht genehme Meinungen und Überzeugungen aus dem öffentlichen Raum verbannen, wenn ich androhe, auf diese mit Gewalt zu reagieren und so den öffentlichen Frieden zu stören.

     

    Und im übrigen sollten die Politiker nicht zu großes Verständnis für verletzte religiöse Gefühle signalisieren. Es wäre viel sinnvoller, die Muslime in unserem Land aufzufordern, sich nicht durch Idioten provozieren zu lassen. Es gibt doch ein schönes arabisches Sprichwort: Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter.

  • A
    Angel58

    Was wird demnächst noch verboten, weil sich irgendwelche Muslime daran stoßen. Man sollte sich nicht nach den Grenzen der Meinungsfreiheit fragen, sondern der islamischen Religionsfreiheit. Dieser Terroristen brauchen heute den ironischen Film, morgen ist es das wir Frauen kein Kopftuchtragen.

     

    Unsere Volksvertreter dürfen keinen Zoll vor dem islamischen Terror zurückweichen.