Viertelfinale US-Open: Eine Deutsche in der Sugar Bar
Andrea Petkovic versucht, bei den US Open endlich ein Grand-Slam-Halbfinale zu erreichen. Die Weltranglistenerste Wozniacki will das mit einer Premiere verhindern.
NEW YORK taz | Schwer zu sagen, wie sehr es ihr auf die Nerven geht, immer wieder mit der Tatsache konfrontiert zu werden, zwar seit fast einem Jahr die Nummer eins des Frauentennis zu sein, aber nach wie vor kein Grand-Slam-Turnier gewonnen zu haben.
Meist kontert Caroline Wozniacki solche Vorwürfe recht souverän mit dem Hinweis, jeder habe die Freiheit zu denken, was er wolle, aber sie sei nun mal die Nummer eins, und sie habe es verdient. Basta.
Aber warum sie an der Spitze steht, das sah man in den letzten Stunden eines ereignisreichen Abends, an dem sie in einem begeisternden, drei Stunden dauernden Spiel selbst in der größten Gefahr standhaft blieb und nach einem Rückstand von 6:7 und 1:4 gegen Swetlana Kusnezowa gewann (6:7, 7:5, 6:1).
Die Russin sah am Ende aus, als sei sie einmal quer durch den Atlantik geschwommen, Wozniacki wirkte trotz der Anstrengung so gelöst, als habe sie die Strecke auf dem Promenadendeck eines Kreuzfahrtschiffes zurückgelegt. Am Ende schickte sie noch liebe Grüße nach Europa zu ihrem Freund, Golfstar Rory McIlroy, und bat um Entschuldigung dafür, dass er sich ihretwegen vor dem Fernsehschirm die Nacht um die Ohren schlagen musste.
"Jetzt will ich auch mal mehr"
Eine kleine Endschuldigung wäre auch bei Roger Federer und Juan Monaco angebracht gewesen, die angesichts der Ausdauer der Damen bis kurz vor Mitternacht warten mussten, ehe sie auf den Platz durften. Umso eiliger hatte es Federer dann: In nur 82 Minuten besiegte er den Argentinier 6:1, 6:2, 6:0.
Die konditionsstarke Wozniacki hatte doppelt so lange gebraucht. Fest steht, dass man verdammt gut zu Fuß sein muss, um die 21-jährige Dänin zu besiegen, aber Andrea Petkovic weiß, dass sie mindestens genauso lange rennen und schlagen kann. Natürlich erinnert sie sich vor dem gemeinsamen Spiel am Mittwoch an die Begegnung mit Wozniacki Mitte März in Miami.
Damals gewann sie in drei Sätzen, was in mancherlei Hinsicht bemerkenswert war. Es war der erste Sieg einer deutschen Spielerin gegen eine Nummer eins des Frauentennis seit den glorreichen Zeiten Steffi Grafs - und er beförderte Petkovic zum ersten Mal unter die besten 20 der Welt.
In New York erreichte sie das Viertelfinale nun mit einem Spiel, das in jeder Hinsicht das Gegenteil der intensiven Begegnung zwischen Wozniacki und Kusnezowa war. Petkovic bestimmte die vergleichsweise ereignislose Partie gegen die Spanierin Carla Suarez Navarro und gewann souverän 6:1, 6:4. Zum dritten Mal steht sie damit in diesem Jahr unter den besten acht eines Grand-Slam-Turniers, und auch das ist bemerkenswert. Denn es zeigt, wie schnell sie sich innerhalb relativ kurzer Zeit in der Elite etabliert hat.
Mit dieser Bilanz der drei Viertelfinals von Melbourne, Paris und New York ist die 23-Jährige die konstanteste Spielerin des Jahres bei den großen Turnieren. Als sie von dieser Statistik erfuhr, reckte sie beide Arme in die Luft, aber ein paar Minuten später war sie schon wieder ganz bei ihren ehrgeizigen Plänen. "Dreimal Viertelfinale ist super, ein Riesenerfolg", meinte sie, "aber jetzt will ich auch mal mehr."
24. Geburtstag
Keine Frage, ihre Erwartungen sind beträchtlich gewachsen, seit sie vor einem Jahr an gleicher Stelle in der vierten Runde landete und damit quasi das Basislager für die Bergtour erreichte. Was anders ist inzwischen? "Ich kann mit Druck heute viel besser umgehen. Natürlich mache ich immer noch Fehler, aber ich hab einfach ein viel größeres Selbstbewusstsein."
In gewisser Weise, sagt sie, sei sie angekommen auf der Tour, vieles sei nun Normalität geworden. "Ich geh nicht mehr durch die Gänge und sage: Aah, da ist Roger und da ist Nadal. Vieles ist anders geworden, aber meistens kann ich es genießen."
Und weiterer Genuss kündigt sich an. Am Freitag - das ist der Tag, an dem die Halbfinals der Frauen auf dem Programm stehen - hat Andrea Petkovic Geburtstag, und nichts würde sie lieber tun, als diesen 24. Geburtstag noch in New York zu feiern. "Das wäre wirklich ein Traum."
Einen Ort für die richtige Sause wüsste sie schon, einen Nachtclub an der Upper West Side namens Sugar Bar. Sie hat den Laden getestet und für gut befunden, jetzt muss sie nur noch Caroline Wozniacki davon überzeugen, ihr keinen Strich durch die Partypläne zu machen.
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