Video der Woche: Eintritt, Sinkflug und Landung
Der erste Film von Curiosity ist da. Der Roboter, der seit kurzem Marsianer ist, hält Fotomaterial zurück. Was hat er gesehen, was will er nicht zeigen?
Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2012. Dies sind die Abenteuer von Curiosity, der ganz alleine unterwegs ist, um den Mars zu erforschen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt der Roboter in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Es (thumbnail image – das erkennt selbst der Laie sofort) fällt ganz langsam und im freien Flug auf eine braune Wüste à la Death Valley zu. In der Mitte liegt ein großes Krokodil, das sich in den Sand gegraben hat. Einige Meter weiter sind riesige Löcher zu sehen. Könnten das Spuren eines Dinosauriers sein?
Doch plötzlich stürzt sich aus heiterem Himmel ein Aasgeier in rasanter Geschwindigkeit auf das Krokodil (echte Aufnahmen – das erkennt der Laie sofort). Es wirbelt Staub und Knochen. Blut ist nicht zu sehen. Aber der Kampf muss ohrenbetäubend sein. Leider ist der Ton zensiert. Rechts unten blinkt kurz etwas Metallisches auf und plötzlich ist alles dunkel.
Empfohlener externer Inhalt
Das in etwa muss Curiosity im Kopf gehabt haben, als er sein Drehbuch über seine erste Landung auf dem Mars geschrieben hat. Der Roboter sendet, nein „downlinked“, seit dem 6. August verschiedene Takes von diesem Erlebnis. Vor ein paar Tagen wurde dann mit Hilfe der Nasa der erste youtube-taugliche Film produziert. Wie das Mars-Science-Laboratory mitteilte, hält Curiosity immer noch 25 Takes zurück. Unklar ist, warum? Was hat der Roboter gesehen, was er uns nicht zeigen will? Gibt es wirklich Krokodile und Dinosaurier auf dem Mars? Unklar ist auch, was Curiosity eigentlich die ganze Zeit macht.
Die Meldungen darüber, wie sich das Ding da oben die Zeit vertreibt, klingen auf jeden Fall eher nach der Geburt eines Kindes als nach extraterrestrischem Abenteuer:
Curiosity auf dem Mars gelandet; Curiosity fährt Kamera-Mast aus; Curiosity macht erstes Farbfoto; Sonde macht erstes Farbfoto von Curiosity; Curiosity streckt erstmals seinen Arm aus; Curiosity misst erstmals Mars-Temperatur seit 30 Jahren; Curiosity macht erstes Foto von sich selbst; Curiosity besteht Fahrprüfung.
Und so könnte man „Entry, Descent & Landing“ – so der Titel des Films – auch als erstes offizielles Geburtsvideo interpretieren. Gedreht von Curiosity selbst. Wer wollte konnte die Landung auch durch Tweets verfolgen oder den Jubel der stolzen Eltern bestaunen. „Die Tatsache, dass wir sehen können, wie wir auf einem anderen Planeten landen ist für mich irrsinnig“, sagt Miguel San Martin von Nasa. Wie bei anderen Geburtsvideos auch muss man dabei eben ein wenig schauen, bis man erkennt was dort eigentlich zu sehen ist. Es hilft auch, die Augen zusammenzukneifen, den Kopf bzw. den Bildschirm zu drehen, mit den Ohren zu wackeln oder einfach zu glauben, man sei auf LSD – irgendwann wird man schon sehen, dass Curiosity gelandet ist.
Wer zu faul ist und nicht kreativ genug, schaut sich einfach statt der One-Man-Lowbudget-Produktion von Curiosity nochmal das Video an, worin die Nasa animiert dokumentiert, wie sie sich die Landung von Curiosity auf dem Mars vorgestellt hat. Großer Vorteil: Der Ton wurde hier nicht zensiert.
Vielleicht hat sich Curiosity vor lauter Langeweile längst wieder auf einen anderen Planeten beamen lassen. Man kann nur hoffen, dass uns der Roboter das Fotomaterial davon zuspielt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“