Video Deutschunterricht für die NPD: "Ein Sprachenbastard erster Güte"
In Sachsen will die NPD Anglizismen verbieten. Wortgewandt entlarvt der grüne Landtagsabgeordnete Jennerjahn daraufhin die Lächerlichkeit ihres Antrags.
BERLIN taz | "Die ideologische Prinzipienlosigkeit der NPD in Fragen der Reinrassigkeit unserer Sprache spottet doch jeder Beschreibung", stichelte Miro Jennerjahn (Grüne) im sächsischen Landtag als Antwort auf einen Antrag der rechtsextremen Partei mit dem Titel "Deutsch statt 'Denglisch'".
"Wer Anglizismen wie Download aus germanischem Pflichtbewusstsein abscheulich findet, muss sich vor Augen führen, dass wir es hier mit ursächsischer Sprachpflege zu tun haben." Das Wort leite sich nämlich von den urgermanischen Worten für Hügel und Weg ab.
In ihrem Antrag hatte die rechtsextreme NPD gefordert, die sächsische Landesregierung solle künftig in allen Texten Anglizismen durch deutsche Wörter ersetzen. Taktisch geschickt bezog sich der Antrag auf eine ähnliche Initiative durch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der ein Handbuch für sein Ministerium erstellt hatte um in seinem Ministerium Anglizismen einzudeutschen. Seitdem gibt es im Verkehrsministerium nur noch "Auftaktveranstaltungen" statt "Kick-Off Meetings".
Die Sprache der Angeln und Sachsen
Empfohlener externer Inhalt
Entsprechend schwer fiel es auch dem sächsischen CDU-Innenminister Markus Ulbig, sich deutlich vom NPD-Antrag zu distanzieren. Zunächst begrüßte er Ramsauers Initiative und argumentierte, ein solcher Antrag sei gar nicht notwendig, denn die Amtssprache in Sachsen sei ja bereits Deutsch.
Erst im letzten Absatz kam die wirkliche Entgegnung gegen die Rückschrittlichkeit der Neonazis: "Deutsch ist als lebendige Sprache ständig Einflüssen und Veränderungen unterworfen und entwickelt sich fort. [...] Begriffe wie Internet oder Laptop entsprechen dem allgemeinen Umgangswortschatz."
Jennerjahns Rede ist ein humorvoller und informierter Ausflug durch die vielfältige Geschichte der deutschen Sprache, deren Worte unter anderem aus dem Lateinischen, Französischen, Sorbischen und eben auch Englischen stammen. Zwischendurch verspottet der Grünen-Abgeordnete die NPD: Wer wirklich zu den Ursprüngen der deutschen Sprache zurückkehren wolle, müsse die Sprachen der Angeln und Sachsen akzeptieren, Englisch eben.
"Ich verstehe auch nicht, dass die NPD das Lehnwort 'Feuer' nicht vehement ablehnt. Es stammt vom altfränkischen 'fiur' ab und hat das altsächsische und damit so germanische 'eldund' [...] gnadenlos abgelöst", witzelt Jennerjahn. Schließlich seien Neonazis wegen der vielen Fackelumzüge und Brandanschläge doch elementar auf das Wort angewiesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind