Vetternwirtschaft in Nigeria: Wikileaks-Skandal um Finanzministerin
Ngozi Okonjo-Iweala soll die Korruption in ihrem Land bekämpfen. Nach Enthüllungen von Wikileaks steht Nigerias Finanzministerin jetzt allerdings selbst unter Verdacht.
"Ich bin keine Zauberin", sagte Ngozi Okonjo-Iweala kürzlich bei ihrem ersten Auftritt als neue nigerianische Finanzministerin. Sie wollte wohl den immensen Erwartungsdruck von sich nehmen. Präsident Goodluck Jonathan hat die ehemalige Weltbank-Direktorin zur Superministerin erklärt: Sie soll die marode nigerianische Finanzsituation aufpolieren und die Korruption bekämpfen.
Doch nur einen Tag, nachdem sie den Kampf gegen die Vetternwirtschaft ankündigte, geriet sie selbst ins Visier: Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks soll sie 2004, als sie unter Präsident Olusegun Obasanjo Finanzministerin war, ihrem Bruder einen Vertrag in Höhe von 50 Millionen US-Dollar zugeschustert haben.
In Afrikas Riesenstaat reiben sich ihre Kritiker nun die Hände. Denn die Frau, die stets maßgeschneiderte Kleider aus afrikanischen Stoffen und wuchtige Halsketten trägt, ist seit Längerem einigen Beobachtern suspekt. Man findet die neue Ministerin schlicht zu teuer. Diese verlangt, dass ihr Gehalt in US-Dollar und nicht in der schwächelnden Heimatwährung Naira gezahlt wird.
Präsident Jonathan hält dagegen: "Sie wird so behandelt wie alle anderen Kabinettsmitglieder auch. Wir sind froh, dass sie aus der Diaspora zurückgekommen ist." Dort hat sie eine beeindruckende Karriere hingelegt. Vor ihrer Ernennung zur nigerianischen Finanzministerin dieses Jahr war sie geschäftsführende Direktorin der Weltbank.
Eine der mächtigsten Frauen Afrikas
Okonjo-Iweala arbeitete für die Weltbank seit 1982, mit einer Unterbrechung: von 2003 bis 2006, als sie unter Präsident Obasanjo auch Finanzchefin ihrer Heimat war. Wie mächtig Ngozi Okonjo-Iweala ist, zeigt die aktuelle Forbes-Liste. Sie belegt Platz 87 der 100 einflussreichsten Frauen. Sehr wenige Afrikanerinnen haben es in das Ranking geschafft.
Doch nun stehen Wikileaks-Vorwürfe im Raum, die Ngozi Okonjo-Iweala mächtig ärgern. Sie ließ mitteilen: "Die Informationen sind erfunden und unglaubwürdig." Zudem hätte sie gar keinen Bruder, der Jon-Jon heißt, wie die Enthüller von Wikileaks behaupten. Die Wikileaks-Affäre sei eine Verschwörung gegen sie und den Präsidenten: "Es gibt Menschen, die gegen meine Rückkehr waren", so Okonjo-Iweala.
Die neue Finanzministerin kümmert sich nun in Nigeria um die Einführung der sogenannten Transformations-Agenda. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, die Staatseinnahmen künftig fairer zu verteilen und mehr Menschen am Wohlstand teilhaben zu lassen. Nach wie vor leben 65 bis 70 Prozent der Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze. Den Reichen und Mächtigen im Land könnte das tatsächlich bitter aufstoßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles