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Verfassungsschutz und Linksjugend Solid26 junge Linke unter Beobachtung

Der Bundesverfassungsschutz überwacht einzelne Mitglieder der Nachwuchsorganisation der Linkspartei. Die Linksjugend Solid findet das „lächerlich“.

Wen hat der Verfassungsschutz hier im Blick? Bild: dpa

BERLIN taz Schon seit Jahren hat der Bundesverfassungsschutz die Jugendorganisation der Linkspartei im Visier. Bisher war nicht bekannt, dass auch einzelne Mitglieder überwacht werden. 26 Mitglieder der Linksjugend Solid sind im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (Nadis) erfasst.

Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck hervor, die der taz vorliegt. Der Inlandsgeheimdienst setzt aber nach eigenen Angaben keine nachrichtendienstlichen Mittel ein. Der Jugendverband wird demnach seit 1999 überwacht, der in ihm eingegliederte Studierendenverband Die Linke.SDS seit 2007.

„Dass auch einzelne unserer Mitglieder beobachtet werden, ist eine neue Qualität“, sagte Jasper Prigge vom Solid-BundessprecherInnenrat. Angesichts des Versagens des Verfassungsschutzes in der NSU-Affäre sei die Überwachung „lächerlich“.

Der Verfassungsschutzbericht 2011 widmet der Linksjugend zwei Seiten. Dort wird unter anderem der Wunsch nach „Kommunismus als Gesellschaftsform“ zitiert und ausgeführt, dass sich Solid in „Bündnissen gemeinsam mit Linksextremisten unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung, darunter auch autonomen Gruppierungen“, engagiere.

Mit dem Argument, dass die Linksjugend vom Verfassungsschutz beobachtet wird, lehnt das Bundesfamilienministerium Staatszuschüsse an den Verband ab. Die anderen parteinahen Jugendverbände bekommen pro Jahr bis zu 472.023 Euro.

Grundsatzurteil erwartet

Solid klagte gegen die Ungleichbehandlung, unterlag allerdings Anfang des Jahres vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Die Richter stellten fest, dass die Finanzierung des Parteinachwuchses wegen fehlender gesetzlicher Grundlage rechtswidrig sei und sprach von einer „verkappten Parteienfinanzierung“. Da Solid in Revision gegangen ist, wird das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich im kommenden Jahr ein Grundsatzurteil fällen.

Der Grüne Beck kritisiert die Überwachung von Solid. Zwar könne man „vulgärmarxistische Kapitalismuskritik“ oder „plumpen Antiimperialismus“ beobachten: „Doch eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung kann ich da nicht erkennen.“

Hintergrund seiner Anfrage ist, dass ein Grünen-Politiker und früherer Grüne-Jugend-Funktionär vom niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Das Bundesinnenministerium erklärte nun, die Mitgliedschaft bei der Grünen Jugend führe nicht zu einer Erfassung im Nadis. Ob einzelne Mitglieder in anderen Zusammenhängen überwacht werden, geht aus der Antwort nicht eindeutig hervor.

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20 Kommentare

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  • M
    Mike

    @Sara

     

    wie kommen sie darauf aus einer Kritik an Linksextremisten eine Unterstützung für Rechtsextremisten abzuleiten? Man kann beide Seite nicht mögen. Das auch Rechtsextremisten ihre Gegener

    entmenschlichen und das nicht so subtil wie die Linken, ist ja unbestritten. Aber wie immer wird bei Linken gleich das Kinde mit dem Bade ausgeschüttet, wer nicht für uns ist ist Faschist gell....

     

     

    @Celsus

     

    das mit dem Schoss bezog sich sich die Unterstützerszene für die Linksextremisten, ohne diese ideologischen Helfer kommt kein Terrorist aus, sei er Links, Rechts oder Islamist.

  • TK
    torsten kunze

    ist doch typisch das in diesem Land , Linke mehr überwacht werden als Nazis, schaut mensch sich die NSU Sache an und die engen Verbindungen von Polizei und Verfassungsschutz zu den extremen Rechten dann könnte Mensch schon Angst werden, die Frage ist ja auch wie weit der VS Naziüberfälle auf Einrichtungen der Linkspartei deckt und logistisch unterstützt, schließlich werden ja kaum Täter gefasst und da die Linke gut überwacht wird vom Staat sollten ja eigentlich Leute die bei den Büros die Scheiben zerstören oder andere Straftaten begehen auch mal gefaßt werden, gelle

  • H
    heym

    Solid ist mir doch egal, trotzdem danke ich Dir, @mike, dass Du mit Deinem Leserbrief mal wieder klar gemacht hast, welche Vergleiche funktionieren und welche nicht. Ich bin mir sicher, dass viele Deutsche so denken wie Du.

  • C
    Celsus

    Mich wudnert doch sehr, was da Mike angeblich so kenntnisreich über die Herkunft von solid schreibt. Schaum ovr dem Mund bringt uns bei der Wahrheitsfindung doch nicht weiter. Wer sich informieren will, kann ja im Archiv der taz oder bei Wikipedia mal den Suchbegriff solid eingeben.

     

    Nein. Nicht im mindesten kann solid angehangen werden, dass aus dem gleichen Schoß die RAF hervorgegangen wäre. Die Behauptung ist glatter Unfug, wenn zum Beispiel die Biographien der ehemaligen RAF-Mitglieder mal betrachtet werden.

     

    Aber tatsächlich gibt es so linke Dinge dort wie Antifa (scheinen ja selbst Innenminister und Verfassungsschutzpräsidenten nicht so entschieden gegen zu sein und muss ganz links sein), Antimilitarismus und Frieden. Sie sind gegen Antisemitismus, Antiamerikanismus und ach: Sie üben Kritik am existeierenden Kapitalsimus.

     

    Letzter Punkt allerdings müsste bei vielen Menschen doch zu einem Nachdenken über den real existierenden Kapitalismus und seine Krisen führen. Das ideale Wirtscahftssystem haben wir ja offensichtlich nicht. Allerdings: Im rahmen der Meinungsfreiheit steht es jedem zu, da eine entpsrechende Wirtschaftsverfassung anzustreben. Wer aufmerksam den Artikel 14 des Grundgesetzes liest, sieht sogar da die Möglichkeit von Verstaatlichungen!

     

    Scheinbar ist die Verfassung allerdings in ihrer weitgehenden Gestaltungsfreiheit für die Politik einigen überschäumenden Konservativen gar nicht so bekannt und beliebt.

  • S
    Sara

    Ich stimme Detlev vollkommen zu! Und zu Mike: Die meisten Rechten sind auch gegen das System und die anderen arbeiten mit ihm, das wurde ja endlich mal veröffentlicht! Und wenn Rechte von Menschsein oder Entmenschlichung reden wird mir richtig übel!!

  • E
    Eulenspiegel

    Wer überwacht eigentlich den Bundesverfassungsschutz? Vor dem muss man sich mehr fürchten als vor den Linken!

  • S
    Sara

    Stimme Detlev vollkommen zu!

     

    Bei den Aussagen von Mike kann ich ja nur lachen.. Ich war nie links oder rechts gerichtet, aber wenn ich jedesma solche Kommentare lesen muss, bleibt mir garnichts anderes übrig gegen rechts zu sein..

     

    "Staatsverachtung ist deren vornehemste Bügerpflicht, Polizisten sind "Schweine" und "Büttel des Systems" denen nur mit Gewalt begegenet werden kann." - Ach ja und die Rechten sind nicht gegen das System, dass erlaubt bösen Ausländer ins Land holt, erzähl mir doch nichts!!

     

    Und wenn Nazi´s über Entmenschlichung oder Menschsein sprechen wird mir ganz schlecht!! Grad Ihr wisst davon doch garnichts!

     

    Was sind das denn für Argumente?? Genau DAS was auf Euch zutrifft, lächerlich!!

  • M
    mike

    schon mal Vertreter dieser Organistationen in freier Wildbahn erlebt? Staatsverachtung ist deren vornehemste Bügerpflicht, Polizisten sind "Schweine" und "Büttel des Systems" denen nur mit Gewalt begegenet werden kann. Vertretern staatlicher Ordnung oder anderer politischer Überzeugungen wird perfide das Menschsein abgesprochen und damit der Boden für Gewalt bereitet, Menschen kann man nicht angreifen Schweine sehr wohl.

     

    Die Entmenschlichung des politischen Gegener wird von Teilen des Linksextremismus sehr subtil aber durchaus zielgerichtet prophagiert.

     

    Also hört auf so zu tun als ob das alle Blumenkinder seien die nur "we shall overcome" singen wollen.

     

    Das sind politische Arme des militanten Linksextremismus, aus dessen Schoß schon die RAF , die IZ und andere Terrorgruppen gekrochen sind.

     

    Leider wurde nach 1989 versäumt eine umfassende Aufklärung über die Verbrechen der Kommunistischen

    Welt in das allgemeine Gedächtnis der Menschen zu bringen, wie 45 hat auch 89 der Rechtstaat bei der Verfolgung von Diktaturtätern versagt.

  • D
    Detlev

    Wenn Menschen überwacht werden, die nicht für die Demokratie gefährlich sind, andererseits die NSU 13 Jahre lang im Untergrund aktiv sein kann, dann sieht man, wie mies diese Geheimdienste sind.

    Und auch die JU hat eine Ideologie, die JUSOS haben eine Vision - je nach Perspektive müsste man die dann auch überwachen und einschränken. Dann müsste man jeden politischen Jugendclub überwachen und am Besten einschränken und Leute dort plazieren, damit die nicht ihrer Vision wirklich nachgehen und die bestehende Politik in Frage stellen.

     

    Das Ganze ist doch einfach nur schlimm und sagt im Kern, dass diese Geheimdienste überflüssig und negativ sind. Bei der Jugend der Linken ist das aber nicht mehr idiotisch, sondern das kann bei den überwachten Personen ziemlich negative Folgen haben, wenn die Beamte werden wollen oder in einem Betrieb arbeiten, der auch Abteilungen oder Teile angehören, die für die Rüstungsindustrie arbeiten. Dann dürfte dieses Spielchen in handfeste Nachteile münden.

  • G
    gerold

    und das ist gut so

  • U
    Urgestein

    Die müssen halt ihrer Hauspartei und Interessenvertretung, dieser... äh, na... Ach ja! - dieser "NPD" regelmäßig Bericht erstatten...

     

    </Sarkasmus>

  • MG
    Manfred Gerber

    es ist eine Unverschämtheit, unsere Steuergelder für politische Agitation durch den Verfassungsschutzes zu verschwenden. Nebenbei ist das Geld bei der Qualität der dort verrichteten Arbeit eh' verschleudert.

    Nach der Nsu-Affäre gehört der Laden dicht gemacht. Es ist zu vermuten, dass nicht nur neofaschistische Morde durch den Verfassungsschutz gedeckt, sondern auch in Auftrag gegeben wurden. Der Tod der beiden NSU-Täter sieht schwer nach Eliminierung durch den Verfassungsschutz aus.

    Unseriöser war nur das dritte Reich.

  • S
    saalbert

    "Der Grüne Beck kritisiert die Überwachung von Solid. Zwar könne man 'vulgärmarxistische Kapitalismuskritik' oder 'plumpen Antiimperialismus' beobachten..." - Das kann ausgerechnet Beck beurteilen, der mit Sicherheit noch kein Buch in der Hand gehabt hat, in dem es um Marxismus, Kapitalismuskritik oder Antiimperialismus geht.

  • D
    Dorian

    Wieso sollte vulgärmarxistische Kapitalismuskritik schlimmer sein als vulgärneoliberalistische Kapitalismusabfeierei?

  • TS
    Thorsten Schmidt

    Das ist nicht "lächerlich", sondern bitter notwenig.

     

    Aber generell bin ich der Meinung, daß unsere Demokratie linksextreme (DIE LINKE) und rechtsextreme (NPD) Splitterparteien ertragen können muß.

  • B
    baute

    die kids von solid werden bestimmt nicht seit 1999 ausspioniert. dann haette ja rot-gruen damit angefangen.

  • L
    Linksextreme

    Das ganze Ding ist ein einziger Skandal. Die Nachfolgepartei der SED muss KOMPLETT überwacht werden! Nicht nur einzelne Mitglieder.

  • Z
    Zev

    Mir stellt sich die Frage, weshalb Herr Beck qualifiziert sein sollte, solches beurteilen zu können...

    Allein ein Bundestagsmandat sollte doch nicht ausreichen können, darüber zu befinden, wer nun extremistisch und/oder verfassungsfeindlich ist und wer nicht.

  • DM
    David Mirschlecht

    Natürlich überwacht der Bundesverfassungsschutz den linken Rand der Gesellschaft. Von dort kommt ja auch authentischer, echter Wandel.

     

    Wahnsinn, dass 26 Menschen ein Grund sein sollen, einen Jugendverband nicht zu unterstützen. Danke für die Meldung!

  • A
    Aha

    Ich habe noch nie von einer vom Verfassungschutz zurecht beobachteten Gruppe gehört es sei schon richtig sie zu überwachen. Nur haben die meisten Gruppen keine taz. Zum Foto fällt mir Sozialismus ein. Da war das Alltag.