piwik no script img

Verbot von StreumunitionOslo-Konvention in Gefahr

Die Uno plant ein weiteres Streubomben-Abkommen mit schwächeren Standards. Der Bundestag berät am Donnerstag. NGO kritisieren die Bundesregierung.

Aufgrund der Oslo-Konvention ist Streumunition derzeit noch vollständig geächtet. Das könnte bald anders sein. Bild: ap

GENF taz | Der im August 2010 in Kraft getretenen Oslo-Konvention zur vollständigen Ächtung von Streumunition droht eine Aufweichung. Auf Betreiben der Gegner dieser Konvention wird ab kommenden Montag in Genf im Rahmen der UNO über Entwürfe für ein zweites Streumunitionsabkommen mit deutlich schwächeren Standards verhandelt.

Die Bundesregierung beteiligt sich an diesen Verhandlungen, obwohl sie die Oslo-Konvention unterzeichnet und der Bundestag die Konvention im April 2009 einstimmig ratifiziert hat.

In einem am Dienstag in Berlin vorgestellten Brief appellieren Handicap International, Brot für die Welt und elf weitere Nichtregierungsorganisationen an die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP, "alles dafür zu tun, dass die mit der Oslo-Konvention erreichte Ächtung von Streumunition nicht wieder aufgeweicht wird".

Deutschland solle sich dafür einsetzen, dass bei den Genfer UNO-Verhandlungen kein zweites Abkommen verabschiedet wird und diese Verhandlungen beendet werden. Über einen entsprechenden Antrag der Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen berät am Donnerstag der Bundestag.

Die Oslo-Konvention zur vollständigen Ächtung von Streumunition verbietet Einsatz, Produktion, Lagerung und den Export aller Typen von Streumunition. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten zur Vernichtung sämtlicher Bestände sowie zur Unterstützung von Opfern bisheriger Einsätze von Streumunition. Die Konvention wurde zwischen 2007 und 2009 außerhalb der UNO von über 80 Staaten sowie unter Beteiligung einer Koalition von Nichtregierungsorganisationen ausgearbeitet. 111 der 193 UNO-Staaten haben die Konvention unterzeichnet.

Widerstand aus USA, China, Russland, Indien, Pakistan und Israel

Zuvor waren Verhandlungen in der ständigen Abrüstungskonferenz der UNO in Genf gescheitert. Dabei ging es darum, die 1980 verabschiedete Konvention über solche konventionelle Waffen und Munition (CCW), die "übermäßiges Leiden verursachen oder unterschiedslos gegen Soldaten und Zivilisten wirken, "durch ein Zusatzprotokoll zum Verbot von Streumunition zu ergänzen.

Der für die Verabschiedung des Zusatzprotokolls erforderliche Konsens scheiterte am Widerstand der USA, Chinas, Russlands sowie Indiens, Pakistans und Israels. Wesentlich auf Betreiben dieser Staaten wurden die Verhandlungen über ein CCW-Zusatzprotokoll zu Streumunition auch nach Inkrafttreten der Oslo-Konvention im August 2010 weitergeführt.

Grundlage der Verhandlungen vom 14. bis 25. November ist ein Entwurf für ein Abkommen, der nicht sämtliche Typen von Streumunition verbieten würde, sondern lediglich die Nutzung der vor 1980 produzierten Munitionsbestände. Und dies, obwohl alle Typen von Streumunition, die seit Ende des Kalten Krieges in Konflikten eingesetzt wurden, nach 1980 produziert wurden. Zudem erlaubt der Entwurf die fortwährende Produktion und den Transfer von Streumunition und enthält keine konkreten Verpflichtungen zur Opferunterstützung, Munitionsbeseitigung sowie zur Vernichtung der Munitionsbestände.

Die Vereinbarung eines internationalen Abkommens, das erlaubt, was ein anderes Abkommen bereits verbietet, wäre ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des humanitären Völkerrechts. Mit der Beteiligung an den Verhandlungen über ein zweites Streumunitions-Abkommen verstößt Deutschland nach Auffassung der 13 Nichtregierungsorganisationen gegen seine Verpflichtungen aus der Oslo-Konvention, andere Staaten zu Unterzeichnung der Konvention zu "bewegen" und sie "nicht zu unterstützen oder zu ermutigen, etwas zu unternehmen, was aufgrund der Konvention verboten ist".

"Die Bundesregierung muss jedem Versuch, den Umgang mit Streumunition völkerrechtlich zu erlauben, energisch entgegentreten", fordert Thomas Küchenmeister, Koordinator von Facing Finance, einer Mitgliedsorganisation der Internationalen Kampagne gegen Streumunition.

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefes an die Bundstagsfraktionen von CDU/CSU und FDP gehören: "Brot für die Welt", Caritas international, der Evangelische Entwicklungsdienst (EED), der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, FACING FINANCE (Cluster Munition Coalition in Deutschland), Handicap International Deutschland e.V., Human Rights Watch Deutschland e.V., Oxfam Deutschland e.V. , pax christi - Sekretariat der deutschen Sektion, solidaritätsdienst international e.V., terre des hommes Deutschland e.V., UNICEF Deutschland und urgewald e.V.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • K
    Karl

    Diese Konvention ist immer noch ein Selbstbetrug!

     

    Es gibt keine ungefährlichen Kampfmittel und technisch genügend Alternativen für Cluster, ist halt nur teurer.

     

    Halt der übliche Gutmenschenunfug.

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • AJ
    Andreas J

    Für die Bundesregierung ist es doch jetzt schon ok, dass einige Finanzunternehmen ( u.a. Deutsche Bank und Allianz ) Geld aus Riesterverträgen in Firmen investieren die an der Produktion von Streubomben beteiligt sind. Da Riesterverträge vom Staat bezuschußt werden, fließen Steuergelder in die Produktion von Streubomben. Die Bundesregierung wieß Kritik aus Oslo zurück mit der Begründung, das dies nicht gegen das Streubomben-Abkommen verstoße. Die Merkel ist zum kotzen!

  • W
    Webmarxist

    Die Streumunition wird wie der Name schon sagt wenn aus einen Kampfjet abgeworfen wurden ist, über das Ziel und dessen Umgebung verstreut. Unter ihnen befinden bestimmt Blindgänger. Es gibt Viele Opfer vom Streumunition , die noch ihr ganzes Leben unter Folgen zu leiden haben.Die Oslo-Konvention zur vollständigen Ächtung von Streumunitiion darf nicht aufgeweicht werden. Waffen bringen keinen Frieden, sondern nur Tod und Leid.

  • V
    vic

    Beibehaltung der Ächtung von Clusterbombs.

    Zusätzliche Ächtung folgender Staaten wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

    USA, China, Russland, Indien, Pakistan und Israel.

    Entzug des Vetorechts dieser Staaten, so sie eines haben.

    Und Deutschland raus aus dieser Verbrecherorganisation.