piwik no script img

Urteil in IsraelUltraorthodoxe sollen zur Armee

Ultraorthodoxe in Israel sind vom Wehrdienst freigestellt. Das ist nicht rechtens, urteilt der Oberste Gerichtshof. In der Likud-Partei fürchtet man jetzt um die Stabilität der Koalition.

Auch die Ultraorthodoxen müssen ran, sagt das Oberste Gericht in Israel. Bild: dapd

JERUSALEM dpa/taz | In einer historischen Entscheidung hat Israels höchstes Gericht sich gegen eine Freistellung tiefreligiöser Juden vom Militärdienst ausgesprochen. Sechs von neun Richtern entschieden am Dienstagabend, ein bestehendes Gesetz in der Frage verstoße gegen den Grundsatz der Gleichstellung.

Das sogenannte Tal-Gesetz hatte es tausenden von Studenten religiöser Jeschiva-Hochschulen ermöglicht, keinen Armeedienst abzuleisten. In der Begründung zitierte einer der Richter eine Frage von Moses aus der Bibel: "Sollen eure Brüder in den Krieg ziehen, während ihr selbst hierbleibt?"

Israelische Medien berichteten, ultraorthodoxe Politiker seien empört über die Entscheidung. In der regierenden Likud-Partei des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fürchte man um die Stabilität der Koalition mit den strengreligiösen Parteien. Bis August muss das Tal-Gesetz den Vorgaben angepasst werden. Netanjahus rechtsorientierte Koalition verfügt über 66 der insgesamt 120 Parlamentssitze. 16 der Abgeordneten in der Regierungskoalition sind Mitglieder der beiden strengreligiösen Parteien Schas und Vereinigtes Tora-Judentum.

Die bisherige Regelung der Freistellung Ultraorthodoxer stammt aus der Zeit der Staatsgründung 1948. Damals gab es jedoch nur 400 solcher Fälle pro Jahr. Die Geburtenrate in ultraorthodoxen Familien liegt jedoch wesentlich höher als in westlich geprägten, weniger strengreligiösen Teilen der Bevölkerung. Im vergangenen Jahr sind laut der Zeitung Jediot Achronot etwa 71.000 strengreligiöse Juden vom Armeedienst befreit worden. Rund 13 Prozent der Männer erhielten eine Freistellung aus religiösen Gründen.

Strengreligiöse Juden verweigern den Armeedienst mit der Begründung, er erschwere ihnen die Ausübung ihres Glaubens. In der Armee gibt es etwa keine Trennung zwischen Männern und Frauen und es gibt häufig Einsätze am Samstag, dem Ruhetag für religiöse Juden. Mehrere tausend tiefreligiöser Männer dienen allerdings schon in speziellen Einheiten in der Armee.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • M
    mehrdad

    richtig so! entweder leisten die jüdischen ultras (genau wie die muslime) ihren beitrag zum schutz des lands oder sie können sich woanders niederlassen.

     

    sie sollten zumindest spürbare finanzielle nachteile spüren, wenn sie sich an die verteidigung israels nicht beteiligen.

  • V
    vic

    "Vor dem Herrn sind alle gleich", dachte ich immer.

    Falsch?

    wundert sich

    vic, der Atheist.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Ja und, soll jetzt der Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammentreten?

     

    Eine Luftbrücke für die Ultraorthodoxen bereitgestellt werden, damit sie wieder in ihre Herkunftsländer zurückkönnen oder was will dieser Artikel an Wichtigkeit des Geschehens aus diesen Teil Palästinas vermitteln?

     

    Während von der BRD mitbezahlte Solar- und Windkraftanlagen vom Abriss bedroht sind, in Ostjerusalem ein palästinensischer Begegnungsort abgerissen wurde um ein Sight-Seeing-Hotel zu errichten, Gesetzesbestrebungen bekannt werden, um nach israelischen Recht illegale Siedlungen vor dem Abriß zu bewahren, Gerichtsbeschlüsse nicht durchgesetzt werden, soll hier ein außergewöhnliches Ereignis vorliegen?

     

    Also in Haaretz ließen sich auch Meldungen aufgabeln, die über einen Konsumenten-Boykott gegenüber überteuerten Süßigkeitsriegeln berichteten, wie auch von der Weigerung einer us-amerikanischen Sängerin in Israel aufzutreten.