Umstrittene Konzession wird geprüft: Palmölfelder im Orang-Utan-Reservat
Brandrodungen im indonesischen Regenwald gefährden massiv den ansässigen Sumatra Orang Utan. Eine Untersuchung soll nun klären ob die Nutzungsrechtevergabe rechtens war.
![](https://taz.de/picture/218441/14/RODDUWQ_2qa.jpg)
JAKARTA taz | Im Fall der umstrittenen Konzessionsvergabe an ein Palmölunternehmen im geschützten Tripa-Regenwald hat die indonesische Regierung eine Untersuchung angekündigt. „Die Plantage liegt innerhalb des geschützten Waldes. Es ist sehr seltsam, dass dafür Konzessionen vergeben werden konnten“, sagte Kuntoro Mangkusubroto nach Berichten indonesischer Medien.
Kuntoro, der die von Indonesiens Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono eingerichtete Task Force für die Umsetzung des UN-Waldschutzprogramms REDD+ leitet, kündigte an, die Entscheidung prüfen zu wollen. Indonesien hatte sich im Rahmen von REDD+ im Mai 2011 zu einem Waldschutzmoratorium verpflichtet. Das ist Teil einer bilateralen Klimaschutzvereinbarung, nach der Norwegen der indonesischen Regierung 1 Milliarde Dollar zahlt.
Dennoch vergab der Gouverneur der Provinz Aceh im August 2011 Nutzungsrechte für 1.600 Hektar Fläche im Tripa-Regenwald an das Palmölunternehmen PT Kallista Alam. Tripa ist Teil des geschützten Leuser-Ökosystems, das als einer der letzten Zufluchtsorte für bedrohte Tierarten wie Sumatra Orang Utans gilt.
Nach Angaben des Sumatran Orang Utan Conservation Programme (SOCP) leben nur noch 6.600 der als stark bedroht eingestuften Tierart in freier Wildbahn – davon etwa 250 im Tripa-Regenwald. Durch zahlreiche Brandrodungen in den vergangenen Wochen sind die Orang Utans und zahlreiche weitere Tiere akut bedroht. Zwar sei die Zahl der Brandherde dank starker Regenfälle inzwischen gesunken, so Graham Usher der vor Ort für die Schweizer Umweltstiftung PanEco arbeitet, zur taz.
Entsprechendes Löschgerät fehlt
Doch sei bei weiteren Feuern sei mit dem Schlimmsten zu rechnen. „Wenn wir wieder - und das ist in den nächsten drei bis vier Monaten sehr wahrscheinlich - eine lange Trockenperiode haben, besteht die Gefahr, dass der verbleibende Wald komplett Feuer fängt.”, so Usher.
Um derartige Feuer zu löschen, seien weder genug Mittel noch entsprechendes Gerät vorhanden. Ein großer Teil von Tripa wurde bereits gerodet – vor allem für Palmöl, dessen Anbau Indonesien trotz des Waldschutzmoratoriums steigern will. Es ist auch der steigende Verbrauch in Europa, der den Kahlschlag vorantreibt. 16 Prozent der globalen Palmölproduktion, zu der Indonesien den größten Teil beiträgt, werden in der EU verbraucht.
Kuntoros Kritik an der Konzessionsvergabe bezieht sich vor allem auf umstrittene Landkarten, die der Entscheidung zugrunde lagen. Nach Meinung von Insidern wurden die Karten so verändert, so dass das vergebene Gebiet darauf nicht mehr als Schutzraum kenntlich war.
Riswan Sein, Dozent für Raumplanung der forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität Sumatra hat mit beteiligten Kartografen gesprochen, nach deren Aussage die Veränderungen auf Druck der Palmölindustrie zustande kamen. Nach Seins Recherchen wurde das Konzessionsgebiet für Kallista gezielt aus der Waldschutz-Karte entfernt.
Gericht fühlte sich nicht zuständig
Eine Koalition mehrere Umweltschutz-NGOs hatte deswegen Klage gegen Yusuf erhoben, die das zuständige Gericht in Banda Aceh letzte Woche abwies. Die Begründung der Richter: Das Gericht sei gar nicht zuständig, die Kläger hätten zunächst eine außergerichtliche Einigung suchen müssen.
Auf die Frage, warum die Richter ihnen das nicht bei der Eröffnung des Verfahrens im vergangenen Herbst gleich gesagt haben, blieb unbeantwortet. Die Umweltschützer haben inzwischen beim nächst höheren Gericht ein Revisionsverfahren beantragt.
Dass sich nun die für REDD+ zuständige Regierungsbehörde mit dem Fall befasst, dürfte mit dem wachsenden internationalen Interesse zu tun haben, das die Umweltschützer unter anderem mittels einer //www.rainforest-rescue.org/mailalert/865/save-the-last-orangutan-refuge:Online-Petition erwecken konnten. In den vergangenen zwei Wochen wurde sie von beinahe 40.000 Menschen unterzeichnet. Zahlreiche internationale Medien berichteten über Tripa.
Verantwortlicher Gouverneur verliert Wahl
Kuntoro könnte mit der angekündigten Untersuchung aber auch auf eine umstrittene Aussage von Acehs Gouverneur Irwandi Yusuf reagieren, mit der dieser nach dem einsetzenden Medien-Rummel versuchte, die Konzessionsvergabe zu rechtfertigen. Es sei zwar moralisch falsch gewesen, die Konzession zu vergeben, sagte Irwandi dem Sydney Morning Herald.
Er habe damit jedoch auf Mängel bei der Umsetzung von REDD+ hinweisen wollen. Zahlreiche Menschen hätten durch das Waldschutzmoratorium ihre Jobs verloren, aber das versprochene Geld sei nie angekommen. Zumindest Irwandi wird in Zukunft wohl keinen geschützten Wald mehr an Unternehmen verkaufen können. Die Gouverneurswahlen in Aceh am vergangenen Montag hat er nach bisherigen Hochrechnungen klar verloren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen