piwik no script img

Umstrittene Biokraftstoff-StrategieMineralölwirtschaft gegen E10-Verbot

Die Mineralölwirtschaft fordert Alternativen zu E10, lehnt aber ein Verbot ab. Die UN betont, für den Hunger auf der Welt seien Fleischkonsum und Spekulationen verantwortlich.

E10: unbeliebter Sprit mit Bioethanolbeimischung. Bild: dapd

BERLIN afp/dapd | Die Mineralölwirtschaft lehnt den von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) geforderten Verkaufstopp für den umstrittenen „Biokraftstoff“ E10 ab. „E10 wird nicht abgeschafft, aber Ethanol aus Brotgetreide muss durch Alternativen ersetzt werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), Klaus Picard, der Bild-Zeitung (Dienstagsausgabe).

Mehrere Hilfsorganisationen hatten sich der Forderung des Entwicklungsministers angeschlossen. Die Bundesregierung stellte jedoch klar, dass sie trotz der hohen Getreidepreise derzeit keine Änderung ihrer Biokraftstoff-Strategie in Betracht ziehe. Beim Preisanstieg von Agrarprodukten spielten Faktoren wie Ernteausfälle in den USA oder Bevölkerungswachstum eine Rolle, Biokraftstoffe aber nur „in einem eher geringeren Umfang“, sagte ein Sprecher von Agrarministerin Ilse Aigner (CSU).

Nch Angaben von Experten der Vereinten Nationen sind Biokraftstoffe nur zu einem kleinen Teil für den Hunger auf der Erde verantwortlich. Zwar könne es sinnvoll sein, „die gesetzliche Förderung von Biosprit-Quoten abzuschaffen“, sagte der Leiter des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms, Ralf Suedhoff, am Dienstag dem RBB-Inforadio. Viel verheerender als der Anbau von Ackerpflanzen zur Energieerzeugung seien aber die Spekulationen auf Nahrungsmittel an den internationalen Finanzmärkten und der ausufernde Fleischkonsum in Industrie- und Schwellenländern.

Dieser führe dazu, „dass heute die Mehrheit des Getreides auf den Feldern gar nicht mehr zu Nahrungsmitteln wird“, sagte Suedhoff. Stattdessen würden 36 Prozent der Weltgetreideernte als Futtermittel in die Viehzucht gesteckt. „Wir vernichten weite Teile dieser Ernte durch unseren boomenden Fleischkonsum“, gab der Experte zu bedenken.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!