US-Präsidentschaftswahl: Alternativen zu Romnobama
Obama oder Romney? Romney oder Obama? Es gibt weitere Kandidaten, die US-Präsident werden wollen. Auch sie hatten nun ihr Fernsehduell.
WASHINGTON taz | Die politische Debatte in den USA ist spannender, als es der Zweikampf Obama gegen Romney vermuten lässt: Rechts und links von ihnen gibt es PräsidentschaftskandidatInnen, die das US-System als „militaristisch, von Konzernen bestimmt und antidemokratisch“ bezeichnen – O-Ton des Justice-Party-Kandidaten Rocky Anderson.
Kandidaten, die den Krieg gegen Drogen beenden und Marihuana legalisieren wollen – O-Ton des rechten Libertären und ehemaligen Gouverneurs Gary Johnson. Und die es wagen, das Stichwort „Klimaveränderung“ in den Mund zu nehmen und ein Green-Deal Programm entwickelt haben, das 25 Millionen Arbeitsplätze schaffen könnte. So will es die Grüne Jill Stein.
Das Problem dieser KandidatInnen, die zu keiner der beiden großen Parteien angehören und daher „Dritte“ genannt werden, ist, dass sie im Wahlkampf systematisch ignoriert werden: von den großen Medien, von den Meinungsumfragen und von der „Presidential Debate Commission“, die wiederum von den beiden großen Parteien und ihren SponsorInnen kontrolliert wird.
Dagegen hat der TV-Sender Al Jazeera am Dienstagabend ein Zeichen gesetzt. Er übertrug eine Debatte mit vier alternativen PräsidentschaftskandidatInnen. Der frühere Star von CNN, Larry King, moderierte. Sein ehemaliger Sender und die anderen großen Privatsender ignorierten das Ereignis. Aber der öffentliche TV-Sender „C-Span“ sowie der englischsprachige russische Sender „RT“ und mehrere Online-Programme übertrugen die 90-minütige Debatte aus einem Hotel in Chicago.
Seltsame Einigkeit
Organisator war die Nicht-Regierungsgruppe „Free & Equal“. Es war das erste Mal, dass eine Debatte von „dritten“ KandidatInnen in den USA übertragen wurde. Allerdings hatte der linke US-Fernsehsender „Democracy Now“ in den Vorwochen mehrfach die grüne Kandidatin sowie den Justice-Party-Mann Anderson ins Studio geladen, um die Duelle von Obama und Romney zu kommentieren.
Die vier alternativen KandidatInnen, die am Dienstag in Chicago diskutierten, kommen aus unterschiedlichen Lagern. Aber in mehreren Punkten waren sich die beiden Linken, Stein und Anderson, sowie die beiden Rechten, Johnson und Virgil Goode, einig: Das Zwei-Parteien-System sei nicht repräsentativ, seine Abschaffung überfällig. Die US-Truppen müssten aus dem Ausland abgezogen werden. Und die zunehmende Kontrolle und Übewachung der BürgerInnen der USA müsse aufhören. Zumindest drei von ihnen – Goode nicht – wollen auch den Einfluss großer Konzerne in der US-Politik zurückdrängen.
Der letzte „dritte“ Kandidat in den USA, der es in eine TV-Debatte geschafft hat, war im Jahr 1992 der Milliardär Ross Perot. Und der letztet, der bei einem Wahlkampf eine gewisse Rolle gespielt hat, war im Jahr 2000 der Grüne Ralph Nader. Manche DemokratInnen werfen ihm bis heute vor, dass die Aufrechterhaltung seiner Kandidatur in Swing States George W. Bush zum Sieg verholfen habe.
„Jede Menge Alternativen“
Im gegenwärtigen Wahlkampf macht sich von den „Dritten“ niemand Hoffnung auf einen Wahlsieg. Aber einige könnten dennoch gefährlich werden. Der Einwandererungsgegner Goode von der „Constitution Party“, der zuvor nacheinander Demokrat und Republikaner war und mehrere Legislaturperioden lang im US-Repräsentantenhaus saß, könnte Romney im Swing-State Virginia ein paar entscheidende Stimmen kosten.
Der rechte Libertäre, frühere Republikaner und Ex-Gouverneur des Bundesstaates New Mexico, Gary Johnson, macht Romneys Team in den Swing States Nevada und Colorado Sorgen. Der frühere Demokrat und Bürgermeister der Stadt Salt Lake City, Rocky Anderson, steht in mindestens 16 Bundesstaaten auf dem Stimmzettel. Und die Grüne Jill Stein, eine Ärztin aus Massachusetts, bewirbt sich in 38 Bundesstaaten.
Als sie sich vergangene Woche in New York Zulass zur Debatte Romney gegen Obama verschaffen wollte, wurde sie von der Polizei für acht Stunden an einen Stuhl gekettet. In der alternativen Debatte appellierte sie an jene 90 Millionen US-AmerikanerInnen, die am 6. November vermutlich nicht wählen werden: „Ihr seid zahlreicher, als jene, die entweder Barack Obama oder Mitt Romney zum Präsidenten machen werden.“ Sie versuchte, diesen NichtwählerInnen auch eine Idee ihrer Stärke zu vermitteln: “Und ihr habt jede Menge Alternativen“.
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