UNO-Konferenz einigt sich auf Syrien-Plan: Assad-Frage ungelöst
Die UNO-Außenminister einigen sich auf ein Grundsatzpapier zu Syrien. Ob Assad an Verhandlungen beteiligt oder Teil einer Übergangsregierung werden soll, bleibt offen.
GENF taz | Soll der bisherige Machthaber Syriens, Baschar al-Assad an Verhandlungen über die Zukunft des Landes teilnehmen? Soll Assad möglicherweise Mitglied einer Übergangsregierung bis zu demokratischen Wahlen werden? Der scharfe Dissens über diese Fragen zwischen den fünf ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates wurde bei der Syrien-Außenministerkonferenz am Samstag in Genf nicht gelöst. Die Entscheidung wurde nach Damaskus verschoben.
Die Konferenzteilnehmer einigten sich auf ein Abschlussdokument mit „Prinzipien und Richtlinien für einen von den Syrern gesteuerten Übergang“. Grundlage dieser Einigung war ein neuer Friedensplan, den Kofi Annan, der gemeinsame Syrien-Sonderbeauftragten der UNO und der Arabischen Liga vor einigen Tagen vorgelegt hatte. Das in Genf vereinbarte Dokument sieht einen Waffenstillstand vor und anschließend die Bildung einer Übergangsregierung der nationalen Einheit. Diese Übergangsregierung soll mit voller Exekutivgewalt ausgestattet sein, eine neue Verfassung ausarbeiten und Wahlen vorbereiten.
Der Übergangsregierung sollen „Vertreter des bisherigen Regimes sowie der verschiedenen Zweige der Opposition und aller religiösen und gesellschaftlichen Gruppen“ angehören. In dem Genfer Einigungsdokument nicht mehr enthalten ist der ursprüngliche Vorschlag Annan, wonach „jene Personen von der Übergangsregierung ausgeschlossen werden sollen, deren fortgesetzte Anwesenheit und Beteiligung die Glaubwürdigkeit der Transition untergraben und Stabilität und Versöhnung aufs Spiel setzen würden.“ Mit diesem Passus waren Assad und andere führende Mitglieder des Regimes in Damaskus gemeint.
Das zumindest war die Interpretation von neun der elf Teilnehmer der Genfer Konferenz: der drei westlichen Vetomächte des Sicherheitsrates, USA, Frankreich und Großbritannien, der EU, der Türkei und der drei arabischen Staaten Irak, Kuweit und Katar. Der syrische Nationalrat, die größte politische Gruppierung der syrischen Opposition, ging sogar noch einen Schritt weiter. „Letztendlich wollen wir das Blutvergießen in Syrien beenden. Wenn dazu ein politischer Dialog nötig ist, sind wir dazu bereit“, erklärte in Istanbul am Samstagmorgen der Sprecher des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Chalid Saleh: „Wir sind aber nicht bereit, mit Assad und jenen zu verhandeln, die Syrier getötet haben. Wir werden nicht verhandeln, solange sie Syrien nicht verlassen haben.“
Russland und China gegen Ausschluss Assads
Russland und China lehnten einen von außen erzwungenen Auschluss Assads von einer Übergangsregierung oder gar von Verhandlungen entschieden ab. „Unsere westlichen Partner wollen über das Ergebnis des politischen Prozesses in Syrien entscheiden, obwohl das eine Angelegenheit der Syrer ist“, sagte der stellvertretende russische Außenminister Gennadi Gatilow.
Bereits am Freitag hatten Außenminister Sergey Lavrov und seine US-Amtskollegin Hillary Clinton auch in mehrstündigen Gesprächen in Petersburg in dieser Frage keine Einigung erzielen können. Moskau werde „keinerlei von außen aufgezwungene Lösung des Syrien-Konflikts zulassen“, unterstrich Lawrow vor Journalisten in Genf. Stattdessen machte er den Vorschlag, auf einer weiteren Konferenz in Moskau eine Lösung zu suchen. In Moskau sollten dann auch alle syrischen Konfliktparteien sowie der Iran als engster Verbündeter der Regierung in Damaskus teilnehmen.
Westliche UN-Diplomaten sagten, der Vorschlag sei für die USA so gut wie unannehmbar. Die USA hatte mit ihrem Einspruch bereits verhindert, dass Iran zur Genfer Außenministerkonferenz eingeladen wurde. Angesichts der Haltung Rußland und Chinas und um ein gänzliches Scheitern der Genfer Konferenz zu vermeiden, wurde Annans Formulierungsvorschlag schließlich fallen gelassen. In dem Genfer Abschlussdokument heißt es stattdessen, „die Übergangsregierung aus Mitgliedern der derzeitigen Regierung und der Opposition“ solle „auf Basis beiderseitigen Einverständnisses gebildet werden“.
Im Klartext heißt das: Vertreter des Regimes - darunter möglicherweise Assad selber - sollen im Einverständnis mit Vertretern der Opposition darüber entscheiden, ob Assad und andere Mitglieder des Regimes an einer künftigen Übergangsregierung oder Verhandlungen über die Zukunft des Landes beteiligt sein soll, oder nicht. Dieses Szenario scheint zumindest nach den bisherigen öffentlichen Festlegungen des Syrischen Nationalrates und anderer Oppositionsgruppen unvorstellbar.
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